Waffenausstellung während der Jahrestagung der National Rifle Association in Indianapolis, Indiana.

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Ann Arbor – Es ist weder überraschend noch neu, was US-Wissenschafter in einer neuen Studie im "American Journal of Preventive Medicine" einmal mehr zeigen konnten: Der Besitz von Schusswaffen in einem Haushalt erhöht das Risiko für Partner und Familienangehörige, Opfer von Tötungsdelikten zu werden, erheblich. Die Forscher um Aaron J. Kivisto von der Universität Indianapolis liefern aber neue Statistiken, die das Ausmaß des Waffenproblems in den USA nahelegen.

"Obwohl Personenschutz ein häufig genannter Grund für den Besitz einer Waffe ist, zeigen unsere Untersuchungen, dass der Besitz von Schusswaffen auch für Angehörige erhebliche Risiken birgt", sagte Kivisto. Angehörige würden mit größerer Wahrscheinlichkeit getötet, wenn sich eine Waffe im Haushalt befindet. "Unsere Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Beseitigung von Schusswaffen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt, von denen die Mehrheit Frauen sind", so Kivisto. Da die Zahl der durch Schusswaffengewalt verursachten Todesfälle in den USA weiter zunimmt, haben Forscher begonnen, potenzielle Ursachen zu untersuchen – darunter fällt die Anzahl der Haushalte mit Schusswaffen.

Regionale Unterschiede

Untersucht wurde, ob die Waffenbesitzquoten der Haushalte auf staatlicher Ebene eindeutig mit den Tötungsquoten bei bestimmten Beziehungen zwischen Opfern und Tätern korellieren. Die Wissenschafter analysierten dazu die jährlichen Mordraten in allen 50 US-Bundesstaaten von 1990 bis 2016 hinsichtlich der Beziehungen zwischen Opfern und Tätern, einschließlich Tötungen von Partnern, Familienmitgliedern, Bekannten und Fremden. Verwendet wurden Daten aus der US-Volkszählung, dem Bureau of Labour Statistics, dem National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism und dem Uniform Crime Report des FBI.

Die Forscher stellten zwischen den einzelnen Staaten der USA erhebliche Unterschiede der Quote der Haushalte fest, in denen sich Waffen befanden – sie lagen zwischen 10,4 und 68,8 Prozent. So wurde in Staaten im Süden und Westen mehr Waffenbesitz festgestellt, während die Quoten im Nordosten geringer ausfielen. Im Rahmen der Studie stellte sich heraus, dass die Anzahl der Tötungsdelikte, die durch im Haushalt vorhandene Waffen ausgeführt wurden, in den Staaten am oberen Ende dieses Spektrums signifikant höher war. Fast jedes dritte Tötungsdelikt wurde als häusliche Gewalt eingestuft, wobei es in den südlichen Bundesstaaten eine höhere und im Nordosten eine geringere Fallzahl gab. Etwa die Hälfte aller Opfer waren "Freunde" oder Bekannte.

Forscher vermissen politische Konsequenzen

"In Staaten im obersten Viertel der Waffenbesitzquote gab es eine um 64,6 Prozent erhöhte Inzidenzrate für Tötungsfälle im häuslichen Bereich als in Staaten im untersten Viertel", sagte Kivisto. Keine signifikanten Unterschiede hätten sich hingegen in Bezug auf die Anzahl der Tötungsdelikten ergeben, bei denen Opfer und Täter nicht im sozialen Nahverhältnis zueinander standen.

Für die Wissenschafter unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, die Rolle von Schusswaffen in Bezug auf die vielfältigen sozialen Dynamiken, die mit tödlichen Gewalttaten durch Waffen in Zusammenhang stehen, besser zu verstehen. Die Forscher wollen ihre Ergebnisse als Leitfaden für künftige politische Maßnahmen und Forschungsinitiativen verstanden wissen.

"Es gibt zwar Gesetze in einigen Staaten, die auf die Reduzierung der häuslichen Gewalt mit Schusswaffen abzielen, aber es wurde nicht genug getan, um dies auf Bundesebene durchzusetzen", sagte Kivisto. US-Staaten, in denen Personen mit hohem Risiko für häusliche Gewalt gesetzlich verboten wird, Schusswaffen zu besitzen, bzw. wo diese ihre Waffen abgeben müssen, würden eine geringere Anzahl an Tötungsdelikten im Familien- oder Bekanntenkreis aufweisen. (APA, red, 22.7.2019)