Stereo Total: seit gefühlten 30 Jahren quietschbunter deutsch-französischer Pop.

Foto: Hoanzl

Violent Femmes – Hotel Last Resort

Anfang der 1980er-Jahre waren die Violent Femmes zumindest mit unvergesslichen Teenage-Angst- und Masturbations-Hymnen wie Add It Up oder Blister In The Sun die beste Band der Welt. Danach wurde man in der räudigen Mischung aus Straßenmusikersound, Postpunk und irrwitzigen Texten leider ein bisschen altklug, sattelte auf elektrisch um – und löste sich auf. Mit Mitte 50 hat Bandleader Gordon Gano drei Jahre nach dem Comeback nun wieder richtig gute Lieder geschrieben, besinnt sich auf alte Qualitäten – und für den Titelsong hat Tom Verlaine von Television seine Rente unterbrochen.

KUTX Austin

75 Dollar Bill – I Was Real

Das New Yorker Duo klingt auf seinem neuen Album tatsächlich so wie eine räudige afrikanische Desert-Blues-Band vom Schlage Tinariwens aus Mali. Der Gitarrist und Instrumentenbauer Che Chen und der Schlagzeuger Rick Brown ergehen sich hier etwa in dem formidablen Stück Every Last Coffee or Tea mit diversen Gastmusikern und -musikerinnen in wunderbar langatmigen Meditationen zwischen Ambient, Ein-Akkord-Gospel und Erweckungsmusik. Das klingt dank der Beifügung von rockistischen Drums und Noise-Gequengel plus ein wenig Gejazze ebenso spannend wie weltoffen und einnehmend.

Black Editions Group

Stereo Total – Ah! Quel Cinéma!

Das ewige Mädchen Françoise Cactus aus Fronkreisch und ihr musikalischer Kompagnon Brezel Göring machen jenseits der 50 noch immer Musik, die nicht wirklich ohne das Adjektiv quietschbunt auskommt. Irgendwo in der Mitte zwischen derben Casio-Beats aus den 1980er-Jahren, Chanson, The Velvet Underground und steinzeitlichem Röck en' Röll (gespielt von einer Selbsthilfegruppe) funktionieren neue Lieder wie Brezel Says oder Hass-Satellit so gut wie seit gefühlten 30 Jahren. Potenzielle Klassiker wie Liebe zu Dritt sind leider nicht mehr dabei. Aber teilweise findet man richtig gutes Zeug.

Stereo Total

(Christian Schachinger, 23. 7. 2019)