Zoran Barisic möchte Rapid einen Erlebnischarakter verpassen und das Stadion immer füllen.

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An die Anrede "Herr Sportvorstand" alternativ "Herr Geschäftsführer Sport" wird sich Zoran Barisic kaum gewöhnen. "Ich bin‘s halt, das reicht." Okay, zu gewissen Anlässen trägt er Zwirn, da muss man durch. Die ersten Wochen als Rapid-Sportvorstand hat der 49-Jährige überstanden. Stress pur, ein Termin vor und nach dem anderen. Barisic musste Personal abbauen, den Kader schlanker machen. Rapid hat sich bekanntlich nicht für den Europacup qualifiziert, die Doppelbelastung haben andere. "Leider haben sie andere." Es sei eine ungute Situation gewesen. "Es ist nicht leicht, Fußballern zu sagen, dass sie in den Überlegungen keine Rolle mehr spielen." Kurz vor Saisonstart hat Barisic aber "ein gutes Gefühl".

Dieser Optimismus ist vielleicht auch Platz sieben aus der Vorsaison geschuldet, "denn schlimmer kann es nicht werden. Man hat gesehen, wie schnell es im Fußball geht. Deshalb sollte man bescheiden und demütig bleiben. Wissen, dass man für den Erfolg sehr viel investieren muss. Alle haben sich in der Vorbereitung ausgezeichnet präsentiert." Im Cup wurde Allerheiligen, ein Verein aus der Regionalliga, 9:1 gedemütigt. Barisic möchte das Resultat weder über- noch unterbewerten, "Wir ordnen es richtig ein, aber die Fans und wir sollen ja hohe Erwartungen haben."

Rapid ist nur Rapid

Verabschiedet wurden unter anderen: Alar, Pavlovic, Thurnwald, Mocinic, Ivan, Gashi. Leistungsträger Boli Bolingoli hätte natürlich bleiben sollen, er entschied sich für Celtic Glasgow. "Eigentlich wäre er reif für eine der Top-5- Ligen, das wäre mir lieber gewesen. Aber in Schottland ist er näher an der Premier League, da musst du ihn ziehen Lassen." Für Thomas Murg gibt es Interessenten, dieser Stütze könnte man verlustig gehen, das Transferfenster schließt am 2. September. Rapid ist nur Rapid, der Markt wird nicht in Hütteldorf reguliert.

Barisic taucht in die aus den Fugen geratene Welt ein, er schwimmt mit, hält sich überm Wasser. Die Manager geben das Tempo vor. "Ein Spieler wird oft von vier Agenten vertreten. Es ist ein beinhartes Geschäft, ein Haifischbecken, wo man aufpassen muss, nicht gefressen zu werden. International werden für 16-Jährige mitunter 15 Millionen Euro Ablöse bezahlt." Bariscic hat nicht die Zeit, den Kopf zu schütteln. "Du musst dich als Rapid positionieren, Nischen finden. Und die gibt es. Du brauchst halt Fantasie."

Was das Um und Auf ist

Thorsten Schick, Taxiarchis Fountas und Maximilian Ulmann wurden verpflichtet. Ulmann war so eine Nische, er zog beim LASK die Ausstiegsklausel. "Eine glückliche Fügung." Der Japaner Koya Kitagawa, ein Stürmer von Shimizu S-Pulse, ist im Anflug. "Wir brauchen Spieler, die dich kurzfristig sportlich und mittelfristig wirtschaftlich weiterbringen. Das Um und Auf ist es, Leute aus dem eigenen Nachwuchs zu entwickeln." Martin Hiden verstärkt die Scouting-Abteilung

Am Freitag kommt zum Auftakt Meister Red Bull Salzburg auf Besuch. "Ein Highlight, obwohl es wurscht ist, wann du gegen sie spielst. Die haben gehörig abgespeckt, sind im Umbruch." Barisic erspart der Menschheit Kampfansagen. "Denn goschert brauchen wir nicht sein." Salzburg sei der Titelfavorit. "Sie können das Loch stopfen. Dahinter steckt ein langjähriges System." Und dann formuliert er ein Ziel: "Top drei."

Kein Derby

Rapid soll fußballerisch überraschen, flexibler werden. Trainer Dietmar Kühbauer hat ein 3-5-2-System einstudieren lassen. Als Alternative zum 4-2-3-1. Barisic und Kühbauer sind Haberer, der Sportvorstand fühlt sich nicht als Vorgesetzter. "Ich sehe mich als Partner, wir verfolgen das gleiche Ziel. Ich bin bei vielen Trainings dabei. Wir tauschen uns aus. Auch nach kleinen Meinungsverschiedenheiten kommen wir auf den gemeinsamen Nenner. Didi setzte die Dinge beinhart um, er hat unser aller Unterstützung." Im Fußball, sagt Barisic, herrsche enormer Druck. Rapid könne davon Liederbücher singen. "Es ist ein internationaler Trend, ein Wahnsinn. Man braucht sich ja nur die Trainerentlassungen anschauen. Die Geduld ist verlorengegangen. Man bekommt die Zeit, die man für die Entwicklung benötigt, nicht."

Dass die Austria Peter Stöger zum Sportvorstand bestellt hat, tangiert Barisic nicht wirklich, er lässt sich diesbezüglich auf kein Derby ein. "Stöger ist ein Topmann, eine Bereicherung für die Austria und die Liga. Ich bin aber für Rapid zuständig." Und er gibt ein Motto aus, das an Überraschungseffekten überbietbar wäre. "Mit den Fans eine Gemeinschaft bilden und sie mit ins Boot holen. Das Stadion soll immer voll sein, egal, wer der Gegner ist. Rapid soll ein Erlebnis sein. Und kämpfen bis zum Schluss." Ob ihm die frühere Tätigkeit als Trainer fehlt, könne er übrigens nicht sagen. "Weil ich keine Zeit habe, darüber nachzudenken." (Christian Hackl, 23.7.2019)