Vorwürfe gegen die Polizei werden geprüft. Die wehrt sich allerdings – mit Gegenanzeigen.

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Die Videos sorgten Anfang Juni für Aufsehen: Mehrere Polizisten knien auf einem Mann, der reglos auf dem Boden liegt, ein Beamter prügelt auf ihn ein. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen vier der an dieser und anderen Amtshandlungen beteiligten Polizisten, der Verdacht der schweren Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung sowie der Gefährdung der körperlichen Sicherheit stehen im Raum.

Auch das Opfer der mutmaßlichen Misshandlung findet sich im Visier der Strafjustiz: Die Polizei wirft dem Aktivisten Widerstand gegen die Staatsgewalt vor. Dessen Verteidigerin Alexia Stuefer hält dies weder für "sachlich noch rechtlich nachvollziehbar", der Aktivist "hat keinen Widerstand gesetzt". Die Anwältin ist zuversichtlich, dass die Ermittlungen eingestellt werden.

Ungewöhnliches Angebot

Was das Strafverfahren gegen die tatverdächtigen Polizisten betrifft, macht der Aktivist den Behörden nun einen außergewöhnlichen Vorschlag: Anstatt Anklage gegen die Polizisten zu erheben, solle man den Fall mittels eines außergerichtlichen Tatausgleichs lösen, so das Angebot. Ihr Mandant sehe sich als "Friedensaktivist", der bereit zum Dialog mit der Polizei sei, erklärt Stuefer.

Es gehe weniger um eine Bestrafung der mutmaßlichen Täter – für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung -, sondern "darum, dass solche Vorfälle in Zukunft verhindert werden". Zumal die Polizeigewalt, wie sie auf den Aufnahmen sichtbar ist, "eine neue Dimension erreicht hat".

Nach dem Polizeieinschreiten gegen die Sitzblockade im Zuge der Klimaschutz-Demo hatten mehrere Demonstranten angegeben, von der Polizei verletzt worden zu sein. Auf den Videoaufnahmen, die danach auf mehreren Social-Media-Kanälen kursierten, war zu sehen, wie der Mann zunächst von drei, danach von fünf Polizisten am Boden in Bauchlage liegend fixiert und geschlagen wird.

Andere Beamte versuchen, das Geschehen abzuschirmen, sodass die Videokameras nur einen Teil des Vorgehens abbilden konnten. Klar erkennbar ist jedoch, dass ein Beamter dem Aktivisten mehrere heftige Faustschläge versetzt. Im Hintergrund ist zu hören, wie jemand "In die Nieren! In die Nieren!" ruft.

Der Mann berichtete danach über anhaltende Schmerzen im Nierenbereich. Auf einem weiteren Video war zu sehen, wie ein anderer Demonstrant um ein Haar von einem Polizeiwagen überfahren worden wäre. Er war ebenfalls am Boden fixiert worden, wobei sich sein Kopf unter dem Fahrzeug befand. Als der Wagen anfuhr, rissen zwei Beamte den Mann im letzten Moment nach oben und verhinderten auf diese Weise, dass sein Kopf unter die Räder des Polizeiautos geriet.

Beamter im Innendienst

Jener Polizist, der auf den in Bauchlage fixierten Mann eingeschlagen hatte, wurde nach den Vorfällen vorübergehend in den Innendienst versetzt. Er bekennt sich nicht schuldig, sein Einschreiten sei verhältnismäßig und notwendig gewesen, erklärt sein Anwalt. Bei den Faustschlägen habe es sich um "das gelindest mögliche Mittel" gehandelt, "um der Situation Herr zu werden". (Maria Sterkl, 24.7.2019)