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Karl Nehammer und Sebastian Kurz Mitte Juni bei jener Pressekonferenz, in der sie angeblich gefälschte E-Mails anprangerten.

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"Der Ex-Kanzler soll damit aufhören, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen, und jetzt die Wahrheit sagen", sagt SPÖ-Wahlkampfmanager Christian Deutsch.

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Werner Kogler von den Grünen fordert einen U-Ausschuss.

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Und Listengründer Peter Pilz glaubt, dass der Auftrag für die Datenvernichtung aus Gernot Blümels Büro gekommen sei.

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ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer hat sich in der "ZIB 2" zu den Vorwürfen rund um die Reisswolf-Affäre geäußert und das Handeln mit der Angst vor Daten-Leaks begründet. Er sagte, man müsse zwei Dinge trennen: "Dass Dinge gelöscht und vernichtet werden" sei bei Regierungswechseln nicht an sich verwerflich. Dass der Mitarbeiter einen falschen Namen angegeben und nicht bezahlt habe, sei aber "falsch und unkorrekt" gewesen.

Der Mitarbeiter sei "25 Jahre jung", es tue ihm sehr leid. Der Darstellung des Mannes nach habe er den falschen Namen angegeben, um kein Misstrauen zu erwecken. Sonst wäre womöglich der Nehammer zufolge falsche Eindruck entstanden, Kurz‘ Mitarbeiter würde "fix damit rechnen", den wenige Tage später geplanten Misstrauensantrag im Parlament zu verlieren.

ÖVP-Generalsekretär Nehammer in der "ZIB 2": Dass der Mitarbeiter einen falschen Namen angegeben und nicht bezahlt habe, sei "falsch und unkorrekt" gewesen.
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Private Daten – und "Strategiepapiere"

Wieso mussten die Festplatten dann gleich dreifach vernichtet werden? "Wir sind gebrannte Kinder", so Nehammer, der auf den Wahlkampf 2017 und bald auch auf den Namen des umstrittenen Politikberaters Tal Silberstein zu sprechen kam. "Wenn Sie das erleben, was wir jetzt gerade schon wieder erleben", dass "Internetplattformen auftauchen, die Unwahrheiten über Sebastian Kurz verbreiten", dann komme man eben "auf diese massive Vorgangsweise".

Grundsätzlich sei das Schreddern nötig gewesen, weil es sich auch um "private Dinge der Mitarbeiter" oder "eben auch Strategiepapiere" handeln könne. Aber wieso gibt es denn Letztere überhaupt im Bundeskanzleramt statt in der Parteizentrale? Darauf wollte Nehammer dann doch nicht so genau eingehen. Er ruderte in Sachen "Strategiepapiere" schnell zurück – um solche der ÖVP "an sich" gehe es doch nicht. Dass es Misstrauen gegenüber den Beamten der IT-Abteilung im Bundeskanzleramt gebe, wollte er dennoch so nicht sagen. Aber: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."

"Was für ein Interesse hätten wir da?"

Wieso habe die ÖVP denn bisher behauptet, es sei um nur eine Festplatte gegangen? "Wir haben auf die 'Kurier'-Geschichte reagiert", in der von einer Festplatte die Rede gewesen sei. Der Mitarbeiter selbst habe den Behörden und der "Kleinen Zeitung" und dem "Falter" gegenüber aber stets von fünf Festplatten gesprochen, so Nehammer. Wieso er selbst in Aussendungen noch heute von nur einer gesprochen habe? Weil es eben im "Kurier" so gestanden sei. "Was für ein Interesse haben wir", fragte Nehammer, "zu sagen, dass es nur eine Festplatte gibt", wenn Medien bereits wüssten, dass es fünf seien.

Ausschließen wollte Nehammer auf Nachfrage von Moderator Armin Wolf, dass auf den Festplatten Daten gewesen seien, die mit der Ibiza-Affäre in Zusammenhang stünden. Ebenso schloss er aus, dass jene E-Mails, die die ÖVP vor Wochen als "Fälschungen" anprangerte und in denen über angebliches Ibiza-Vorwissen von Kurz und Kanzleramtsminister Gernot Blümel die Rede sein soll, womöglich doch echt seien. Nicht ganz klar die Antwort auf die Frage, ob es sich ausschließlich um Druckerfestplatten gehandelt habe: "Dass es Druckerfestplatten sind, ist unser Wissensstand."

SPÖ will "Wahrheit" hören

Die SPÖ nimmt ÖVP-Chef Sebastian Kurz dessen Rechtfertigungen in der Schredder-Affäre nicht ab. "Der Ex-Kanzler soll damit aufhören, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen, und jetzt die Wahrheit sagen", sagte Wahlkampfmanager Christian Deutsch zur APA.

Völlig unglaubwürdig sei Kurz, wenn er behaupte, die Vernichtung der Datenträger sei ein üblicher Vorgang im Zuge des Regierungswechsels gewesen. Dies sei nämlich schon vier Tage vor dem Misstrauensantrag im Nationalrat geschehen – und nur wenige Tage nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos, das die Regierungskrise ausgelöst hatte.

Grüne wollen U-Ausschuss

Werner Kogler, Bundessprecher der Grünen, fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um die Schredder-Affäre aufzuklären.

Möglich ist die Einsetzung eines solchen Ausschusses vor der Wahl jedoch nicht mehr. Die Grünen, die auf einen Wiedereinzug in den Nationalrat im September hoffen, würden aber schon jetzt diesbezügliche Vorbereitungen treffen, so Kogler in einer Presseaussendung am Mittwoch. Der Ausschuss soll neben dem Inhalt der geschredderten Festplatten auch klären, ob ein Zusammenhang mit dem Ibiza-Video besteht.

Pilz: Auftrag kam von Blümel

Laut Liste-Jetzt-Gründer Peter Pilz soll der Auftrag zur Zerstörung der Festplatten aus dem Büro des damaligen Ministers Gernot Blümel gekommen sein. Dessen Referent habe den Social-Media-Leiter des Kanzleramts angewiesen, die Festplatten vernichten zu lassen, sagte der Jetzt-Abgeordnete, ohne seine Quellen zu nennen. "Bei diesen Festplatten handelt es sich um Eigentum der Republik Österreich", kritisierte Pilz. Niemand sei befugt gewesen, diese zu entfernen und zerstören zu lassen.

Ebenso wenig glaubwürdig ist für Pilz die Angabe der ÖVP, es habe sich bei den vernichteten Datenträgern ausschließlich um Druckerfestplatten mit temporären Daten gehandelt. Auch die Unterscheidung zwischen privaten Daten der Partei und solchen des Kanzleramts will Pilz nicht gelten lassen. Wahlprogramme und Ähnliches hätten auf Rechnern der Republik nichts verloren. Hier müsse es eine schärfere gesetzliche Regelung geben.

Pilz hofft nun auf eine Sondersitzung des Nationalrats im August, um die Vorgänge zu thematisieren. Informelle Gespräche dazu gebe es bereits mit der SPÖ und den Freiheitlichen. Auch andere "ÖVP-Affären" will der Jetzt-Gründer dort behandelt sehen, etwa jene rund um das Ibiza-Video. Für ihn wird nämlich immer unglaubwürdiger, dass aufgetauchte interne E-Mails zur Causa tatsächlich gefälscht sein sollen.

SPÖ und FPÖ: Zu früh für Sondersitzung

Für die von Pilz gewünschte Nationalratssondersitzung zeichnet sich derzeit allerdings keine Mehrheit ab. Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ finden es noch zu früh für eine Sitzung, wie aus den jeweiligen Klubs zu hören war. Beide Fraktionen verwiesen auf die zahlreichen Anfragen an die Regierung zu diesem Thema, die jetzt eingebracht wurden.

"Wir sind für eine maximale Aufklärung der Causa und auch für deren parlamentarische Behandlung", hieß es vonseiten der Freiheitlichen. Der Bundeskanzlerin müsse aber zuerst Zeit gegeben werden, die Hintergründe zu recherchieren, die zur Vernichtung der Festplatten geführt haben. Erst dann werde die weitere Vorgehensweise besprochen. Die FPÖ rechnet mit einer Sondersitzung Mitte August.

Pilz hofft nun auf eine Sondersitzung des Nationalrats im August, um die Vorgänge zu thematisieren. Informelle Gespräche dazu gebe es bereits mit der SPÖ und den Freiheitlichen, sagte er am Mittwoch. Während der Sommerpause des Parlaments bräuchte es für ein Zustandekommen ein Drittel der Abgeordneten. (red, APA, 23.7.2019)