Kid Pex (rechts) mit Fake-Andreas-Gabalier im vergangene Woche erschienenen Revanchevideo "Hulapolizei".

Foto: Kid Pex

Ein Video als Stein des Anstoßes: "So viel Polizei".

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Ein Video als Revancheakt: "Hulapolizei".

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"Samma si ehrlich, eigentlich gehört er dasch ..." – diese Textzeile sorgten im Februar für Aufregung im heimischen Boulevard. Denn die Musiker Kid Pex und Kroko Jack adressierten damit in ihrem Song "So viel Polizei" den Volks-Rock-'n'-Roller Andreas Gabalier. Wie zuletzt bekannt wurde, wird es für die im Rap nicht unüblichen harten Worte weder strafrechtlich noch privatrechtlich Konsequenzen geben.

Mit der Passage "eigentlich gehört er dasch ..." wird laut Begründung der Staatsanwaltschaft "lediglich derb zum Ausdruck gebracht, dass diese Person nichts wert sei". Wegen Beleidigung will Gabalier, obwohl möglich, nicht klagen – sein Anwalt erklärte das gegenüber dem STANDARD damit, dass man den beiden Rappern nicht erneut eine Plattform geben wolle. Der Song "So viel Polizei" ist trotzdem mit großem Abstand das meistgeklickte Video auf Kid Pex' Youtube-Kanal. Auch deutsche Medien klopfen nun bei ihm an.

STANDARD: Haben Sie damit gerechnet, dass der Song wegen der Textzeile "Samma si ehrlich, eigentlich gehört er dasch ..." so hochkochen würde?

Kid Pex: Als wir den Track vergangenen November veröffentlicht haben, hat Andreas Gabalier das natürlich mitbekommen müssen und auch mitbekommen, aber es war offenbar kein Problem für ihn. Erst im Februar wurde die betreffende Zeile dann von "Österreich" und "Kronen Zeitung" hergenommen und der Song in der Debatte um den Karl-Valentin-Orden als Anti-Gabalier-Lied dargestellt. Das ist er nicht! Er weist aber darauf hin, dass das Weltbild von Andreas Gabalier überwunden gehört. Nicht Gabalier gehört also "dasch …", sondern sein Weltbild.

STANDARD: Überwiegend kritisiert der Song die damalige türkis-blaue Bundesregierung, deren Flüchtlingspolitik und den Zwölfstundentag, illiberale Demokratien sowie Rassismus. Trotzdem hat das alles für weniger Aufregung gesorgt als die Passage zu Andreas Gabalier.

Kid Pex: Eines muss man diesen Politikern lassen, sie haben viel cooler reagiert als Andreas Gabalier. Er wollte den Song nutzen, um sich wieder als Opfer zu stilisieren, und das kam ihm in dem Moment gut gelegen. So hat er auf diese einzige Zeile über ihn plötzlich so reagiert, dass daraus die größte Hip-Hop-Staatsaffäre der Zweiten Republik wurde. Er rief ganz feige die Polizei und zeigte uns an. Aber jeder Rocker lacht über Rocker, die wegen einer Liedzeile zur Polizei laufen. Er ist schon so oft mit seinen Rechtskämpfen gescheitert, nicht nur mit seiner Anzeige gegen mich.

STANDARD: Wo noch?

Kid Pex: Davor etwa schon mit der Ehrenbeleidigungsklage gegen den Wiener Konzerthaus-Chef Matthias Naske. Im Fußball wäre das inzwischen ein 0:3 oder 0:4. Andreas Gabalier spielt in großen Stadien und hat vielleicht ein gutes Cateringteam, aber diese "Ich zeig dich für alles an"-Attitüde grenzt an naiven Dilettantismus. Wenn Andreas Gabalier sich nonstop politisch äußert, braucht er sich nicht wundern, dass er genauso wie Politiker Angriffsfläche bietet und in alternativen Musikrichtungen sein Fett abbekommt.

STANDARD: Aber er darf sich doch wehren, wenn er findet, ihm geschieht Unrecht?

Kid Pex: Gefährliche Drohung wird mit bis zu einem Jahr Haft geahndet, da wurde also versucht, Rapper in den Knast zu schicken, weil sie sich politisch äußern! Gabalier will Gerichtsurteile wie in Kims Nordkorea oder in Putins Russland, Stichwort Pussy Riot. Aber in Österreich herrschen keine tschetschenischen Verhältnisse. Dass er, der sich so oft auf künstlerische Freiheit beruft, um alles zu rechtfertigen – und sei es eine Hakenkreuzpose –, gegen mich eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht hat, ist ein Paradoxon par excellence. Jede Oma weiß besser als er, wie Rap funktioniert, er hat offenbar nur Ahnung vom Scheitelknien.

STANDARD: Rap pflegt auch bestimmte Posen – warum darf Andreas Gabalier in seinen Schlagern nicht seine heile Welt und sein Scheitelknien haben?

Kid Pex: Die Menschen wollen ihren Helden Gabalier als Traumschwiegersohn sehen und nicht so, wie er wirklich ist: ein Landmacho, der trotz urbanen Backgrounds auf Bauer macht und sich vehement weigert, Frauen in der Hymne zu erwähnen und deren Leistungen für Österreich so zu würdigen. Bei Rap weiß man, woran man ist.

STANDARD: Woran ist man?

Kid Pex: Rap war immer eine provokative Musik, das hat auch die Staatsanwaltschaft so erklärt, und dort sitzen sicher keine Hip-Hop-Heads drin. Was Andreas Gabalier mit seiner Feelgood-Waldheim-Musik abzieht, finde ich viel gefährlicher als jeden Gangsterrap. Er ist ein Typ, der über eiserne Kreuze singt oder sich ein Kopftuch aufsetzt und damit ein religiöses Symbol absichtlich vor einem Millionenpublikum auslacht. Wenn Gabalier wie zuletzt von "ein paar Randgruppen" spricht, die ihn ablehnen, sagt allein das schon alles.

STANDARD: Inwiefern?

Kid Pex: Weil das bedeutet, dass für ihn manche komplett unwichtig sind in der Gesellschaft. Rap ist aus einer politischen Wut gegen genau solche Haltungen entstanden! Ich habe zu rappen angefangen, weil man damit Tabus brechen, die Gesellschaft kritisieren und sich von autoritären Vorschriften emanzipieren kann, um nicht wie ein kapitalistischer 0815-Jodel-Dodel-Zombie durch die Welt zu laufen. Das Video zu "Hulapolizei" ist insofern auch pädagogisch wertvoll geworden und man könnte es in Schulen zeigen: Aha, das ist der Staatsvertrag, aha, das sind die starken Frauen, vor denen sich patriarchale Opfer wie Andreas Gabalier, zertreten von ihren inneren Komplexen und Ängsten vor den bösen Ausländern, so fürchten. In einem Facebook-Video vom Wochenende redet er plötzlich davon, dass er die Schwulen liebhat. Vielleicht hat ihm die Kur in unserem "Tögetherland" ja geholfen, und er hat gemerkt, dass er sich ändern muss. (Michael Wurmitzer, 24.7.2019)