Eine CO2-Steuer dürfte nicht unter den derzeitigen Energiesteuersätzen liegen.

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Klimawandel und Klimaproteste machen eine Besteuerung von Kohlendioxid-Emissionen zum Sommer- und Wahlkampfthema. Die deutschen Grünen wollen das Schienennetz bis 2035 so ausbauen, dass Inlandsflüge "weitestgehend obsolet" werden, wie es in einem Papier aus der Grünen-Bundestagsfraktion heißt. Drei Milliarden Euro sollten jährlich in die Bahn gepumpt werden, um zusätzliche Zugverbindungen auf Schiene zu bekommen. Neben einem CO2-Preis von 40 Euro je Tonne brauche es die "schrittweise Einführung der Kerosinsteuer für Inlandsflüge", zitierte die Süddeutsche Zeitung aus dem Papier. Auch müsse Diesel schrittweise an den Steuersatz für Benzin angeglichen werden, aktuell 65 Cent je Liter.

Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) warnt: Steuererhöhungen an der Zapfsäule würden ländliche Räume und Familien besonders belasten."

Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sieht das deutlich entspannter. Er setzt voll auf CO2-Bepreisung, allerdings würde er autobezogene Energiesteuern wie Mineralölsteuer, Normverbrauchsabgabe, Kfz-Steuer und motorbezogene Versicherungssteuer für Konsumenten abschaffen. Diese seien ohne Lenkungseffekt, reine Geldbeschaffung.

Klimafeindliche Subventionen

"Ab einem Verbrauch von 25.000 Kilometern pro Jahr stelle eine CO2-Steuer keine Zusatzbelastung dar, rechnet der Neos-Mandatar am Beispiel eines Mechanikers mit einem Jahreeinkommen von 28.000 Euro vor. Im Gegenteil, er erspare sich 306 Euro bei Diesel und 336 bei Benzin. "Der durchschnittliche Pendler fährt im Schnitt 30 Kilometer pro Tag", sagt Schellhorn, der die Abschaffung klimafeindlicher Subventionen fordert. Das Pendlerpauschale würden die Neos erst abschaffen, wenn es Alternativen zum Auto im Öffi-Verkehr gebe.

Sofort gestrichen werden sollten hingegen lohnsummenabhängige Abgaben, das entlaste den Faktor Arbeit, schaffe Arbeitsplätze. Der Zertifikatehandel für die Industrie bliebe laut dem Neos-Konzept für eine ökologische Steuerreform ebenfalls erhalten.

Verbrauch besteuern

IHS-Chef Martin Kocher ist auch dafür, den Verbrauch zu besteuern statt den Autobesitz, allerdings sollte dies nicht auf Spritverbrauch beschränkt bleiben. Dass im Gegenzug Preise steigen, sei klar, "es betrifft ja Dienstleistungen, die klimaschädlich sind". Daher müsse man vor allem bei den untersten Einkommensschichten, die viel konsumieren, gegensteuern, etwa durch eine Senkung der Mehrwertsteuer.

Oder durch einen Ökobonus, ergänzt Wifo-Expertin Clauda Kettner. Sie hält eine stufenweise Einführung einer CO2-Steuer ebenfalls für sinnvoll – und ergänzend zu Energiesteuern. Denn so würden Mittel für eine Steuerreform frei. Anderfalls dürfte die CO2-Steuer nicht unter den aktuellen Energiesteuersätzen liegen.

Sprit am höchsten besteuert

Das freilich ist ein wunder Punkt in der EU, denn die Mindestsätze für Energienutzung gemäß Energiebesteuerungsrichtlinie reichen als Preissignal für die Erfüllung der EU-Klimaschutzziele nicht. Treibstoffe werden in der EU am höchsten besteuert. Entscheidend sei für Unternehmen nicht die Höhe, sondern Planungssicherheit.

Bleibt die Frage nach dem richtigen CO2-Preis. Eine Umrechnung der Mindeststeuersätze auf Basis des Kohlenstoffgehaltes der Energieträger in ein CO2-Preissignal ergibt laut Wifo-Studie die impliziten CO2-Mindeststeuersätze: 128 Euro je Tonne CO2 für Diesel und 140 Euro je Tonne für Benzin. Zum Vergleich: Schweden und Finnland haben 120 Euro bzw. 60 Euro je Tonne CO2 zugrunde gelegt. Explizite CO2-Steuern hat bislang nur ein Drittel der EU-Länder eingeführt. Die makroökonomischen Auswirkungen sind laut Wifo-Simulation vernachlässigbar, sofern die CO2-Steuern in Form eines Ökobonus’ und einer Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung rückvergütet werden. Erfolgt das Einnahmenrecycling ausschließlich über die Arbeitgeberbeiträge, steige das BIP sogar leicht, die dämpfenden Effekte auf das BIP würden durch positive Konsumeffekte kompensiert. (Luise Ungerböck, 24.7.2019)