Der Prototyp des neuartigen Transistors (hier eine schematische Darstellung) besitzt hervorragende elektrische Eigenschaften.

Illustr.: TU Wien

Wien – Über Jahrzehnt hinweg wurden die Transistoren auf unseren Mikrochips immer kleiner, schneller und billiger. Etwa alle zwei Jahre konnte durch diese Entwicklung die Anzahl der Transistoren auf handelsüblichen Chips verdoppelt werden. Man kennt dieses Phänomen als "Mooresches Gesetz". Mittlerweile gilt dieses Gesetz jedoch nicht mehr, weil die Miniaturisierung an eine natürliche Grenze gestoßen ist: Auf Größenskalen von wenigen Nanometern haben die Wissenschafter mit ganz neuen Problemen zu kämpfen.

Eine Entwicklung der Technischen Universität (TU) Wien könnte nun aber die nächsten Verkleinerungsschritte einleiten: Den Forschern ist es gelungen, mit einem Isolator aus Kalziumfluorid, der nur aus einer atomdicken Materialschicht besteht, einen ultradünnen Transistor herzustellen, wie sie im Fachblatt "Nature Electronics" berichten.

Isolatoren als Hürde

Aus Halbleitermaterialien, wie man sie zur Herstellung von Transistoren benötigt, kann man mittlerweile zwar ultradünne Schichten aus wenigen Atomlagen herstellen. Für einen extrem kleinen Transistor genügt das aber nicht, "da braucht man zusätzlich auch einen ultradünnen Isolator", erklärte Tibor Grasser vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien.

Das liegt am grundlegenden Aufbau eines Transistors: Strom kann von einer Seite des Transistors zur anderen fließen – aber nur, wenn in der Mitte durch das Anlegen einer elektrischen Spannung ein passendes elektrisches Feld erzeugt wird. Zwischen der Elektrode, die für dieses Feld sorgt, und dem Halbleiter selbst braucht man eine isolierende Schicht. "Immer wieder gab es Transistor-Experimente mit ultradünnen Halbleitern, gekoppelt mit gewöhnlichen, dickeren Isolatoren", sagt Grasser.

"Doch das bringt wenig – erstens kann man nicht von einer Miniaturisierung sprechen, wenn der Transistor inklusive Isolator dann doch wieder eine größere Dicke hat, und zweitens zeigte sich, dass die sensiblen elektronischen Eigenschaften des Halbleiters von der minderwertigen Isolator-Oberfläche gestört werden." Deshalb eignen sich ionische Kristalle mit ihrer perfekt regelmäßigen Oberfläche gut dafür.

Yury Illarionov, Postdoc in Grassers Team, entschied sich in dem Projekt für Kalziumfluorid. Die nur eine Atomlage dünne Kalziumfluorid-Schicht wurde am Joffe-Institut in St. Petersburg (Russland) hergestellt, wo Illarionov vor seiner Tätigkeit in Wien geforscht hat. Der Transistor selbst wurde dann am Institut für Photonik der TU Wien gefertigt.

Vielversprechender Prototyp

Die Untersuchung des Transistors übertraf alle Erwartungen der Wissenschafter: "Der Prototyp stellt mit seinen elektrischen Eigenschaften alle bisherigen Ergebnisse in den Schatten", so Grasser. Die Wissenschafter wollen in einem nächsten Schritt untersuchen, welche Kombinationen von Isolatoren und Halbleitern am besten funktionieren. Grasser hat keinen Zweifel daran, "dass Transistoren aus 2D-Materialien eine hochinteressante Option für die Zukunft sind".

Von einer industriellen Herstellung ist man noch weit entfernt, dazu müssen die Herstellungsverfahren für die Materialschichten noch verbessert werden, betonen die Forscher. Aus wissenschaftlicher Sicht seien aber die nun vorgestellten Fluoride die derzeit beste Lösung für das Isolatorproblem. (red, APA, 28.7.2019)