"Zoom" widmet sich der Freundschaft zwischen Kurz und dem Gastronomen Ho.

Foto: Sreenshot "Zoom"

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer glaubt, die Hintermänner längst zu kennen: Ihn erinnere das alles sehr "an die Methoden von Tal Silberstein und der SPÖ aus dem Jahr 2017". Dirty Campaigning. Anpatzen. Man wolle nur Sebastian Kurz schaden. "Hier wird so lange mit Dreck geworfen, bis etwas hängenbleibt", polterte der ÖVP-General – der mit seiner Einschätzung einer neuerlichen SPÖ-"Silberstein-Affäre" wohl gründlich danebenliegen dürfte.

Der Grund seiner Erregung: Eine anonyme Onlineplattform namens Zoom hatte zu Beginn der Woche den ersten Teil einer angekündigten zwölfteiligen Serie um das "Bro-Netzwerk" von Sebastian Kurz ins Netz gestellt. Ausführlich wird über die Freundschaft von Kurz mit dem Wiener Unternehmer, Szene- und Disko-Zampano Martin Ho fabuliert. Es geht um die Schönen und Reichen – und mittendrin Sebastian Kurz. Ein Freundeskreis, in dem auch Aufträge lanciert würden. Und so nebenbei werden Drogengerüchte gestreut.

Dass Ho und Kurz befreundet sind, wird von beiden nicht geleugnet. Auch nicht, dass Kurz bei der Eröffnung des Luxus-Boutiquehotels La Petite Ivy in der Nähe von Krems anwesend war und dort eine Rede hielt. Kurz feierte im Herbst zudem in einer der Ho-Locations eine "geheime" Privatparty mit etlichen Promis.

Eine spezielle Geschichte ist auch dem SPÖ-Berater Nedeljko Bilalic gewidmet. Er wird als fast "übermächtig" charakterisiert, an ihm führe in der SPÖ kein Weg vorbei. Bilalic war zuletzt wegen seiner hohen SPÖ-Honorare ins Gerede gekommen.

Politik-Desperado

Die Internetadresse zoom.institute ist anonym in Panama registriert, als Medieninhaber wird auf der Website das "Zoom Institute for Research and Analysis", ein Verein mit Sitz in Genf, angegeben. Nur über einen Umweg ist seine Adresse zu finden: Es ist jene eines Coworking-Spaces in der Schweizer Stadt – dort ist Zoom allerdings nicht bekannt.

Auf eine erste STANDARD-Anfrage an die Zoom-E-Mail-Adresse kam die Antwort retour: Die Redakteure seien "keine Personen des öffentlichen Lebens". Zehn Personen würden ehrenamtlich für das Medium arbeiten. Amazon-Chef Jeff Bezos stelle Server gratis zur Verfügung – übrigens nicht speziell für Zoom, sondern für alle interessierten Initiativen –, ansonsten gebe es nur ein 25-Euro-Darlehen eines Mitglieds und die Spende eines Users in der Höhe von einem Euro. Weitere STANDARD-Recherchen ergaben, dass die Macher von Zoom offensichtlich keiner politischen Partei oder Bewegung zugerechnet werden können. Sie agieren aus Privatinteresse.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte am Mittwochabend, sie könne "garantieren, dass meine Partei mit dieser Seite nichts zu tun hat".

"Liste Martin"

DER STANDARD hat auch über seinen anonymen Briefkasten entsprechende Hinweise bekommen, die die Recherchen bekräftigten: Hinter Zoom steht mit großer Sicherheit ein politischer Aktivist. Er hat Erfahrung im Organisieren von Kampagnen und soll bereits in der Vergangenheit Hinweisgeber bei einem politischen Skandal gewesen sein.

Bei den Angaben, dass zehn Mitarbeiter für Zoom arbeiten, dürfte es sich um Schutzbehauptungen handeln.

Im engeren Umfeld könnten auch Mitglieder der ehemaligen "Liste Martin" eine Rolle spielen. Die Liste um den Autor und ehemaligen Journalisten Hans-Peter Martin trat zur Europawahl 2004 unter "Liste Dr. Hans-Peter Martin – Für echte Kontrolle in Brüssel – Martin" an.

Die Partei erreichte damals knapp 14 Prozent der Stimmen und erhielt zwei der 18 österreichischen Mandate im Europäischen Parlament, fünf Jahre später legte die Liste auf drei Mandate zu. Bei der Europawahl 2014 trat die Partei nicht mehr an. Sie ist seither nicht mehr aktiv. Martin selbst erklärte per Posting, es sei "auszuschließen, dass es sich bei diesem oder diesen Aktivisten um irgendwelche ehemalige Mitglieder der Partei 'Liste Martin' handelt".

Auf Twitter gehörten Teile dieses Personenkreises zu den ersten Nutzern, die Geschichten von Zoom verbreiteten. Lange wird die Seite aber offenbar nicht mehr anonym bleiben: Sie sucht auf Twitter nach einem "Pro Bono"-Anwalt, um ÖVP-General Nehammer zu klagen – da dieser ihr "Lügen über Sebastian Kurz" unterstellt hatte. (Walter Müller, 24.7.2019)