Wien – "Krone"-Chefredakteur Klaus Herrmann nahm Donnerstagabend – nach seiner Darstellung – eine Erkenntnis mit von einer Podiumsdiskussion im Wiener Presseclub Concordia: Dass der Begriff "Sextäter" mutmaßliche Vergewaltiger verharmlost, sei ihm nach eigenem Bekunden nicht bewusst gewesen. Und wo die "Krone" – wie Herrmann im STANDARD-Interview gesagt hat – "noch anständiger" werden will, werde sie den Begriff nun laut Herrmann "hoffentlich" nicht mehr verwenden.

Da gibt es einiges zu tun bei der "Krone": 70-mal stand "Sextäter" oder "Sex-Täter" seit Jahresbeginn 2019 in der Zeitung oder auf krone.at – im Mai etwa im Titel "Lebenslang für perversen Sextäter, der Opfer kochte". Weiteres Beispiel: "Sextäter nach 16 Jahren zur Rechenschaft gezogen – Oberländer hat sich wiederholt an kleinem Bub vergangen". Krone.at schlagzeilte erst am Donnerstag: "Sextäter drang in Wohnungen ein: Frauen als Opfer".

"Sie würden das als Verharmlosung sehen?"

Anna Goldenberg ("Falter"), eine der Organisatorinnen der monatlichen Gespräche unter dem Titel "Aufmacher – Die Medienrunde" sprach Herrmann Donnerstagabend auf diese Online-Schlagzeile an und hinterfragte die Wortwahl. Herrmann begann mit "Man könnte wahrscheinlich wirklich lange darüber diskutieren, ob ein Vergewaltiger ein Sextäter ist oder nicht ..." und erntete eine Reihe von Zwischenrufen – "Nein, kann man nicht".

Auf den Hinweis, "Sex ist etwas Einvernehmliches", sagte Herrmann: "Also Sie würden das als Verharmlosung sehen? Dann haben Sie jetzt unser Bewusstsein damit geschärft. Dass Sextäter eine Verharmlosung ... Wir verharmlosen sicher nicht willentlich einen Vergewaltiger. Dann nehmen wir das als Botschaft mit."

Nachfrage: "Sextäter steht ab jetzt nicht mehr in der 'Kronen Zeitung'?" Herrmann: "Hoffentlich."

Donnerstagnacht noch online auf krone.at: Chefredakteur Klaus Herrmann will den Begriff nun "hoffentlich" nicht mehr lesen in den "Krone"-Medien.
Foto: Screenshot Krone.at

Concordia-Generalsekretärin Daniela Kraus staunte: "Ich bin überrascht, dass der Diskurs bei Ihnen nicht geführt wird, dass man Sextäter als Begriff hinterfragen sollte." Dieser Diskurs werde in der Concordia "recht häufig geführt" und etwa auch jener über Kampagnenjournalismus.

Herrmann räumte "bedenkliche Kampagnen" in der Vergangenheit ein, bekannte sich aber zu Kampagnen wie jener gegen Plastik(müll) und der laufenden zur Klimakrise. Deren differenzierte Darstellung lobte selbst "Kobuk"-Macher Helge Fahrnberger. Wenn auch nur als Einleitung zur Kritik an einer Kampagne der "Krone" im Vorjahr – als das Kleinformat aus einem Abänderungsantrag von einigen CSU-Abgeordneten im Europaparlament eine Bedrohung der EU für Biolebensmittel aufgebauscht habe.

Herrmann erinnerte sich nicht, dass es dazu eine "große Kampagne" gegeben habe – wollte aber am Freitag nachsehen, was es damit auf sich hat.

Herrmann sprach von einer Annäherung an den Presserat und bedauerte am Beispiel einer der jüngsten Verurteilungen wegen eines privaten Fotos und eines nicht stattgefundenen Interviews, dass sich die "Krone" an dem Verfahren nicht beteiligt hat. Die Zitate und das Foto seien mit Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht worden, sagte Herrmann – mehr zu dem Verfahren vor dem Presserat unter diesem Link. (fid, 26.7.2019)