Die Neos beklagen "zahlreiche Ungereimtheiten" bei Ermittlungen gegen den Ex-Novomatic-Chef.

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Novomatic zahle alle: Das behauptete der ehemalige Vizekanzler und damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Sommer 2017 auf Ibiza. Nach dem Aufpoppen des Strache-Videos zwei Jahre später dementierte der Glücksspielkonzern sofort. Es waren "keine Spenden an politische Parteien" getätigt worden, hieß es. Dabei kann sich die Novomatic nun auch auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) berufen. Diese stellte umfassende Ermittlungen gegen die Glücksspielfirma, deren ehemaligen CEO Franz Wohlfahrt sowie den Expolitiker Peter Westenthaler ein.

Der Vorgang überrascht Beobachter der Ermittlungen wie etwa die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper, die dazu wegen der "zahlreichen Ungereimtheiten" bereits die zweite parlamentarische Anfrage eingebracht hat. So gab Ex-CEO Wohlfahrt laut Staatsanwaltschaft in seiner Einvernahme zu, dass er dem Geschäftsführer einer Novomatic-Tochterfirma die Freigabe zur Bezahlung von Scheinrechnungen erteilt habe. Konkret handelt es sich um einen Betrag von 60.000 Euro, der im Jahr 2010 via Gastronomiebetreiber Peter Barthold an das BZÖ Steiermark gelangte, und zwar als "Druckkostenbeitrag" für das Magazin "Hallo Graz". Eine Gegenleistung gab es laut Barthold nicht.

Keine Anklage erhoben

Ermittlungen wegen vermuteter Korruption wurden ad acta gelegt, da die Staatsanwaltschaft dem Ex-Novomatic-Chef glaubt, dass er "dem langjährigen, guten und für den Konzern wichtigen Geschäftspartner Barthold" aushelfen wollte – und nicht dem BZÖ Steiermark. Barthold habe "Liquiditätsschwierigkeiten" gehabt, dem BZÖ aber trotzdem eine Unterstützung versprochen. Ein WKStA-interner Bericht kam zwar zu dem Schluss, dass Barthold über ausreichend Liquidität verfügte, um 60.000 Euro zu bezahlen, dieser Bericht wird in der Einstellungsbegründung jedoch nicht erwähnt. Krisper will nun vom neuen Justizminister Clemens Jabloner wissen, warum noch keine Anklage wegen Untreue erhoben wurde. Die WKStA schreibt lediglich, dass die "Weisung" des ehemaligen Novomatic-Chefs an den Geschäftsführer der Tochterfirma "keine Ausführungshandlung" gewesen sei.

Wer bin ich, und wenn ja, wie viele

Ein zweiter Themenkomplex, der für Aufregung sorgt: Der einstige FPÖ- und BZÖ-Politiker Peter Westenthaler soll zwei unterschiedliche Aussagen getätigt haben, und zwar einmal als Zeuge unter Wahrheitspflicht und einmal als Beschuldigter. Hierbei ging es um die Frage, ob Westenthaler über Barthold Geld von der Novomatic erhalten habe. Mit Zeugenaussagen konfrontiert, welche die Geldübergaben bestätigen, erklärte Westenthaler als Beschuldigter, das Geld zum gemeinsamen Wetten mit Barthold verwendet zu haben – der Staatsanwalt glaubte Westenthaler.

Als Zeuge sagte er jedoch ein halbes Jahr davor, dass er mit Barthold gemeinsam "nicht gewettet hatte", also das Gegenteil davon. Trotzdem wurden nicht nur die Ermittlungen wegen der Korruptionsvorwürfe, sondern auch jene wegen falscher Zeugenaussage gegen Westenthaler eingestellt. Das sei "logisch nicht nachvollziehbar", sagt Krisper. Dem widerspricht Westenthalers Anwalt Thomas Kralik: "Die Staatsanwaltschaft hat geprüft, einvernommen und keine Falschaussage erkannt – der Widerspruch ist nicht da." Krisper moniert aber auch, dass plötzlich ein WKStA-Sachbearbeiter in Innsbruck statt in Wien für die Causa zuständig war.

Interventionsvorwürfe

Mittlerweile wird auch gegen Peter Barthold ermittelt, dessen Aussagen die WKStA als sehr unglaubwürdig einstuft. Der einstige Rapid-Tormann betrieb mehrere Gaststätten, in denen Glücksspielautomaten der Novomatic standen. Nach dem Verbot einiger Automatentypen standen seine Etablissements vor dem Aus. Er gab an, dass die Novomatic ihn auch über diesen Zeitraum hinaus unterstützen würde – und klagte die Novomatic, nachdem diese die behaupteten Versprechungen nicht eingelöst hatte. Obwohl die Staatsanwaltschaft alle Ermittlungen gegen Westenthaler eingestellt hat, behauptet Barthold nach wie vor, dass er "knapp sechs Jahre einen Abgeordneten mit Novomatic-Geld bezahlt" habe.

Barthold vermutet, dass es zu Einflussnahme auf sein Verfahren gekommen ist. Zur Zeit der ersten schwarz-blauen Regierung ab dem Jahr 2000 war Westenthaler Klubobmann der FPÖ, Josef Moser Klubdirektor der FPÖ. Bis vor wenigen Wochen amtierte Moser in der türkis-blauen Regierung als Justizminister. "Zählen Sie eins und eins zusammen", so Barthold.

Automatenjäger schaltet sich ein

In die Causa hat sich eine weitere Person eingeschaltet, die durch die Ibiza-Affäre zu Ruhm gelangte – nämlich der Automatenjäger und Blogger Gert Schmidt. Der brachte Ende 2016 mit seiner "Omnia Medien GmbH" über die Kanzlei von Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) eine Sachverhaltsdarstellung gegen Barthold ein, und zwar wegen "schwerer Erpressung der Novomatic". Barthold antwortete mit einer Verleumdungsanzeige. Ein Ergebnis des Ermittlungsverfahrens liegt bis dato nicht vor, obwohl die Anzeigen schon fast drei Jahre zurückliegen. Auch hier beteuert Barthold seine Unschuld.

Schmidt nimmt nun auch Krisper ins Visier: Krispers Herzensanliegen ist offensichtlich die Einmengung in die Entscheidungen der unabhängigen Staatsanwaltschaft, kommentiert Schmidt auf seinem Blog. Man solle sich selbst "über diesen aufsehenerregenden Fall informieren". Krisper hinterfragt in diesem Zusammenhang neben der Verfahrensdauer auch die Rolle Schmidts, dessen Firma sich einerseits als Spielerschützerin geriere, auf der anderen Seite jedoch auch als eine Art "Schutzpatronin" der Novomatic auftrete. Tatsächlich tauchte Schmidt auch nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos, in dem kompromittierende Sätze über Novomatic fielen, rasch auf der medialen Bühne auf, um "Hintermänner" der Strache-Aufnahmen ausfindig zu machen. (Fabian Schmid, 26.7.2019)