Zeit mit..., der Modernezyklus der Salzburger Festspiele, gilt heuer Pascal Dusapin. Von Messiaen und Xenakis beeinflusst, interessierte sich der Student Duspain für Mathematik und Architektur ebenso wie für Literatur. Sein Stil habe einen "literarischen Gestus", so der Komponist, der sich als "Musikschriftsteller" bezeichnet. Diese enge Verbindung zum Text spiegeln die A-capella-Werke in der Kollegienkirche.

Granum sinapis ist eine spätmittelalterliche Gotteslehre, gedichtet von Meister Eckhart. Wie schon der Text das Geheimnis in schwebende Metaphern fasst, übersetzt die Komposition die Bilder in ebenso frei schwebende, sich keiner "Schule" verpflichtenden Klänge. Dennoch finden sich konkrete Lautmalereien, wie etwa eine Art langsamer Triller zwischen drei Tönen auf die Textzeile "Die drei sind eins". Es geht ja um Trinität. Faszinierend, ein so abstraktes Thema in so zeitlos modernem und zugleich klangsinnlichem Gewande zu erleben.

Betörend wie aus Licht

Der Choeur accentus (Leitung Laurence Equilbey) betörte mit einem Kang wie aus reinem Licht mit präziser Textbehandlung. In Stück Dona eis vermischt Dusapin Texte aus dem lateinischen Requiem mit der gesprochenen Schlussszene der Oper (!) Roméo et Juliette: Hier war das œnm dem Choeur accentus ein gleichberechtigter Partner beim Schildern von Aufbegehren und Ergebung.

Zunächst hatten die Camerata Salzburg, Clemens Hagen (Cello) und Stefan Hussong (Bajan) mit Sofia Gubaidulinas Sieben Worte für Violoncello, Bajan und Streicher zu eröffnen. Auch in diesem Meisterwerk, das keine Vertonung oder klangmalerische Umsetzung der Jesus-Worte ("Vater vergib ihnen..." "Es ist vollbracht.") sein will, wechseln Passagen des Aufbegehrens und stiller Ergebung einander ab: Virtuos umgesetzt wurde dies sowohl innerhalb der Solo- als auch der Orchesterpassagen. Der zentrale Satz Mein Gott, warum hast du mich verlassen war in Klang geballte Energie. (klaba, 26.7.2019)