Ich hab dich wirklich gern: Wer diesen Satz ausspricht oder hört, freut sich. Meistens zumindest, steht er doch für Zuneigung, Freundschaft, gar Liebe. Also für Emotionen, die guttun und glücklich machen. (Achtung, es folgen dezente Spoiler!)

Trailer zur zweiten Staffel.
ONE Media

"Ich hatte dich wirklich gern", waren die letzten Worte der Serienkillerin Villanelle, bevor Agentin Eve Polastri auf sie einstach. Sie wählte die Vergangenheitsform. Dieses brutale Ende der ersten Staffel der sowohl von Kritikern als auch vom Publikum zu Recht hochgelobten BBC-America-Serie Killing Eve ging vergangenes Jahr ganz tief unter die Haut.

Eiskalte Killerin Villanelle (Jodie Comer).
Foto: Amazon / Starzplay

Kein Wunder, das Messer war recht lang. Aber nicht lang genug, welch ein Glück. Die zweite Staffel ist seit Freitag auf dem Amazon-Kanal Starzplay abrufbar. Die Serie basiert auf der Romanreihe Villanelle von Luke Jennings. Showrunnerin Emerald Fennel (The Crown) setzt in den neuen Folgen fort, was schon Phoebe Waller-Bridge (Fleabag) mit den ersten acht Episoden schaffte: eine gnadenlose Spannung aufzubauen, die sich ergibt, wenn sich zwei starke Frauen voneinander angezogen fühlen, deren Interessen und Persönlichkeiten vermeintlich unterschiedlicher nicht sein könnten. Und die genau wegen dieser Widersprüche nicht voneinander lassen können.

Mörderische Lust

Da ist auf der einen Seite die schusselige, ein wenig anstrengende Eve (Sandra Oh, bekannt vor allem aus Grey's Anatomy) – Agentin des britischen Geheimdienstes MI6 -, die scheinbar auf der guten Seite steht, eine brutale Verbrecherin dingfest machen will, in einer eher biederen Beziehung mit Lehrer Niko (liebenswürdig verständnisvoll: Owen McDonnell) lebt.

Eve Polastri (Sandra Oh) ist hin- und hergerissen.
Foto: Amazon / Starzplay

Und als ihr Gegenüber die Killerin Villanelle (Jodie Comer, My Mad Fat Diary), die Geld und Luxus liebt und mit einer solchen Kaltschnäuzigkeit Morde begeht, dass es einen beim Zuschauen lustvoll schaudern lässt. Nur wenn ihr langweilig ist, ihr das Töten allzu geschmeidig von der Hand geht, können schon einmal Fehler passieren.

Schreckliches Mädchen im rosa Kleidchen.
Foto: Amazon / Starzplay

Sie, die gänzlich empathielos andere zur Strecke bringt, ist zwar eine Psychopathin, dabei aber auch nur ein Mensch. Sie lechzt nach Aufmerksamkeit, braucht Anerkennung, will geliebt werden. Genau das ist es, was sie von Eve bekommt und warum sie immer wieder deren Nähe sucht. "Sie wollte zeigen, wie viel ihr an mir liegt", sagt Villanelle einmal darüber, dass Eve sie niedergestochen hat. "Wenn man jemanden liebt, tut man manchmal verrückte Dinge."

Frust und Eifersucht

Aber wie es in Beziehungen so ist, die über die die erste Phase der gegenseitigen Faszination andauern, kommt auch hier ein neuer Aspekt dazu. Im Falle von Eve und Villanelle ist es in Staffel zwei die Eifersucht. Eine neue Mörderin treibt nämlich ihr Unwesen, zwar mit einer gänzlich anderen Handschrift, aber nicht weniger gefährlich. Eve und ihr Team machen sich an die Arbeit, erzielen schon bald einen Durchbruch. Das wiederum lässt Villanelle freilich nicht auf sich sitzen und tut alles dafür, dass Eve sie nicht vergisst. Denn wer will schon einfach abserviert und ersetzt werden, wenn einem etwas an der anderen liegt? Eben.

Entspannungsbäder helfen nicht immer.
Foto: Amazon / Starzplay

Die neuen Folgen lassen vor allem Eve reifen und fördern – angestachelt durch Villanelles Besessenheit – lange Verdrängtes zutage: sexuelle Wünsche, eine schwierige Kindheit, ihre Suche nach eigener Identität und Wurzeln. Für ihre Rolle in Killing Eve wurde Sandra Oh 2018 mit einem Golden Globe ausgezeichnet. Dieses Jahr sind sie und auch Kontrahentin Jodie Comer für einen Emmy als beste Darstellerin in einer Dramaserie nominiert. Verdient hätten ihn beide. BBC America hat bereits eine dritte Staffel angekündigt, dafür darf Suzanne Heathcote (Fear the Walking Dead) als Showrunnerin ran. (Astrid Ebenführer, 27.7.2019)