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Protestierende forderten vor dem Höchstgericht die Aufhebung der Urteile.

Foto: AP/Lefteris Pitarakis

Ankara – Die Unterzeichner einer Friedenspetition sind in der Türkei zu Unrecht wegen "Terrorpropaganda" verurteilt worden. Das Verfassungsgericht des Landes urteilte am Freitag, dass die Rechte von neun "Akademikern für den Frieden" verletzt worden seien, wie die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Ihr Prozess wird nun neu aufgerollt.

Mehr als 2.000 türkische und internationale Intellektuelle hatten 2016 in einer Petition das Vorgehen der Regierung im Konflikt mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Südosten der Türkei kritisiert. Seither sind 203 der Unterzeichner in der Türkei wegen "Terrorpropaganda" verurteilt worden. 578 Fälle befinden sich nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch noch vor Gericht.

Human Rights Watch sieht "überfällige Entscheidung"

Das Verfassungsgericht gab am Freitag den Berufungsanträgen von neun der Verurteilten nun statt. Die Richter ordneten ein Wiederaufnahmeverfahren und eine Entschädigung von 9.000 Lira (rund 1.400 Euro) an. Außerdem kündigte das Verfassungsgericht an, eine Kopie des Urteils an alle untergeordneten Instanzen zu schicken, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden.

Die Organisation Human Rights Watch nannte die Entscheidung "überfällig". Nun müssten alle anderen Verurteilten freigesprochen und die Vorwürfe gegen die Angeklagten fallengelassen werden, erklärte die NGO.

PKK-Konflikt

Mehr als 2.000 Intellektuelle hatten im Jänner 2016 die Petition "Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein" unterzeichnet, die "kriegsartige Zustände" im Südosten der Türkei anprangerte und der Regierung eine "Vernichtungs- und Vertreibungspolitik" im Konflikt mit der PKK vorwarf.

Der Konflikt war im Sommer 2015 mit dem Zusammenbruch einer mehrjährigen Waffenruhe wieder voll entflammt. Nachdem die PKK den Konflikt in die Städte getragen hatte, gab es dort heftige Gefechte, bei denen die türkischen Sicherheitskräfte ganze Stadtteile zerstörten. Die türkische Regierung stuft die PKK als Terrororganisation ein.

Unter den internationalen Unterzeichnern der Petition befanden sich unter anderem der US-Linguist Noam Chomsky und der slowenische Philosoph Slavoj Žižek. (APA, 26.7.2019)