Der Schwerwasserreaktor in Arak soll "wieder hochgefahren werden", melden Agenturen. Doch das geht gar nicht.

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Zu Irans Atomprogramm läuft es oft wie im Spiel "Stille Post". Allerdings wird hier niemandem etwas ins Ohr geflüstert, was, ein paar Mal weitergegeben, entstellt wieder auftaucht, sondern es scheitert meist am Wissen. So wurde aus der iranischen Ankündigung, "Aktivitäten" in Arak wieder aufzunehmen, am Sonntag die Schlagzeile "Iran will Schwerwasser-Reaktor wieder hochfahren". Vielleicht würde das der Iran ja wirklich gerne – aber es ist unmöglich. Und das ist kein Verdienst der Trumpschen "Maximum Pressure"-Politik, sondern des Wiener Atomabkommens von 2015.

Wobei auch "Aktivitäten" ein Verstoß des Abkommens sein können, je nachdem. Der Iran bricht seit Anfang Juli, wenngleich in bisher eher symbolischem Ausmaß, Vorschriften des Deals, den US-Präsident Donald Trump 2018 verlassen hat und seitdem sabotiert und von dem der Iran deshalb immer weniger Nutzen hat. Am Sonntag trafen die verbliebenen Parteien (Iran, EU, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Russland, China) erneut in Wien zu einer Sitzung zusammen, um zu sehen, was noch zu retten ist.

Die Situation ist nun noch schwieriger, nachdem der Iran ein britisches Schiff im Golf festhält – als Antwort auf Gibraltars Beschlagnahmung des iranischen Supertankers Grace 1, der die Syrien-Sanktionen der EU verletzt haben soll. Zwar hat die EU keine Sanktionen gegen Ölimporte nach Syrien erlassen, nur aus Syrien, aber der Empfänger des Öls soll laut Behörden in Gibraltar die Banias Refinery Company sein, die auf der EU-Sanktionsliste steht.

Der Iran lässt das nicht gelten, Vizeaußenminister Abbas Araq- chi, am Sonntag Irans Delegationsleiter in Wien, beschuldigt London der Verletzung des Atomdeals: Die Briten hätten sich den USA gefügt, die nicht nur den Export iranischen Öls unter Strafe stellen, sondern auch Unterstützung oder Duldung desselben. Beim Treffen in Wien wurden in dieser Beziehung keine Fortschritte erzielt, sondern nur Beschuldigungen ausgetauscht. Aber alle Beteiligten bekannten sich weiter zum Erhalt des Atomdeals.

Zement im Reaktorkessel

Aber zurück zum Schwerwasserreaktor in Arak. Auch wenn man beiseite lässt, dass er nie in Betrieb genommen wurde und demnach nicht "wieder hochgefahren" werden kann: Der Atomdeal befahl eine völlige Rekonfigurierung des potenziell plutoniumproduzierenden Reaktors, bei der außer dem Namen Arak und der äußeren Hülle praktisch nichts bestehen bleibt. Noch bevor der Atomdeal in Kraft trat, wurde der Reaktorkern entfernt und der Kessel mit Zement ausgegossen. Schwerwasser, das bei diesem Reaktortyp als Moderator benützt wird, wird in Arak zwar weiter erzeugt: Aber alles, was über dem im Atomdeal festgesetzten Limit (130 Tonnen) liegt, wurde bisher exportiert und im Oman gelagert. Das wird nun allerdings durch die US-Sanktionen infrage gestellt.

Verschiedene Aussagen von iranischen Offiziellen, dass die Reaktivierung von Arak ein Leichtes sei (man habe etwa noch Druckröhren für den Reaktorkern), sehen Experten als vor allem für "domestic consumption" gedacht. Allerdings läuft der dem Iran zugesagte Umbau Araks zu einem anderen Reaktortyp nicht gut. Ursprünglich sollten das die USA machen. Nun sind Großbritannien und China damit betraut, konkret die CNNC (China National Nuclear Corporation) – die weltweit tätig ist und vielleicht keine Lust auf Ärger mit den USA hat. Beim Treffen in Wien wurde die "kollektive Verantwortung" dafür betont, dass die Pläne auch umgesetzt werden. (Gudrun Harrer, 28.7.2019)