Israels Premier Benjamin Netanjahu wirbt mit seiner Nähe zu US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Seine Gegner formieren sich derweil neu.

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Neugründungen, Abspaltungen, Zusammenschlüsse: Israel ist bekannt für seine lebhafte Parteienlandschaft. Viel Zeit brauchen die Politiker für Veränderungen nicht. Gerade einmal zwei Monate nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen Ende Mai und knapp zwei Monate vor den Neuwahlen im September werden die politischen Karten neu gemischt.

Jüngste Überraschung ist das am Donnerstag geschmiedete Bündnis Demokratisches Lager, bestehend aus der linksliberalen Meretz-Partei und der von Ehud Barak frisch gegründeten Demokratischen Partei Israels. Auch Stav Shaffir, die bisher für die Arbeiterpartei im Parlament saß, gehört nun diesem Bündnis an.

Linke als "attraktiver Faktor"

Die wenigsten dürften damit gerechnet haben, dass Nitzan Horowitz, Vorsitzender der kleinen Meretz-Partei, das Bündnis anführt, während Barak sich mit Platz zehn der Liste zufriedengibt. Der einstige Premier hatte bei den Wahlen 1999 gegen den damaligen und aktuellen Premier Benjamin Netanjahu gesiegt. "Die israelische Linke ist wieder zu einem starken, attraktiven und einflussreichen Faktor geworden", sagte Horowitz und kündigte an, das umstrittene Nationalitätsgesetz abschaffen und Demokratie und den Obersten Gerichtshof verteidigen zu wollen. Barak teilte mit, man wolle das "Netanjahu-Regime" ersetzen und Israel als jüdischen, zionistischen und demokratischen Staat beschützen. Ob er es mit seinem zehnten Listenplatz in die Knesset schafft, ist unklar: Umfragen sehen das Bündnis bei acht bis zwölf der 120 Sitze.

Fünf bis sieben Sitze sagen die Umfragen dem Bündnis der Arbeiterpartei und der Partei Gesher von Orly Levy- Abekassis voraus – ebenfalls ein überraschender Neuzusammenschluss. Levy-Abekassis saß einst für die rechte, säkulare Partei "Unser Haus Israel" im Parlament und wurde bislang nicht als Bündnispartnerin im linken Lager gesehen. Bei den vergangenen Wahlen im April schaffte sie es nicht über die 3,25-Prozent-Hürde.

Rechte Vereinigungen

Auch im rechten Lager sind die Parteien derzeit dabei, sich zu vereinen, um keine Stimmen zu verlieren: Bei der vergangenen Wahl verpasste ja die "Neue Rechte" von Ajelet Schaked und Naftali Bennett nur knapp den Einzug ins Parlament. Derzeit diskutieren sie einen Zusammenschluss mit der nationalreligiösen "Union rechter Parteien". Unklar ist, wer diese Liste anführen soll: Ex-Bildungsministerin Schaked oder der derzeitige Bildungsminister Rafi Peretz. Der sorgte jüngst für Aufregung, als er Konversionstherapien für Homosexuelle befürwortete.

Trotz all dieser Veränderungen wird sich nach jüngsten Umfragen am Machtverhältnis zwischen links und rechts wenig ändern. Israel könnte im September vor demselben Problem stehen wie im April: Ohne die Partei von Avigdor Lieberman wird Netanjahu keine rechte Mehrheit von mindestens 61 Sitzen erreichen. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 28.7.2019)