Katica Janeva galt eigentlich als Hoffnung auf mehr Transparenz.

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Sie war das Symbol für Hoffnung, für Zukunft, für Gerechtigkeit. Katica Janeva, Chefin der Sonderstaatsanwaltschaft, die 2015 geschaffen wurde, um mit dem alten korrupten System in Nordmazedonien aufzuräumen, ist seit einigen Tagen die größte Enttäuschung des kleinen südosteuropäischen Landes. Sie wird verdächtigt, für viel Geld in einem Fall interveniert zu haben. Ihr Amt legte sie jetzt zurück.

Janeva wurde ihre Freundschaft mit Bojan Jovanovski zum Verhängnis: Jovanovski ist eine Art mazedonische Version von Harald Glööckler, ein einflussreicher Showmann und inoffizieller Eigentümer des TV-Senders N1. Der Mann mit dem exzentrischen Outfit – und dem Spitznamen Boki 13 – wurde vor zwei Wochen festgenommen. Die Festnahme fand an der Grenze statt, Jovanovski trug in einer Louis-Vuitton-Tasche 1,5 Millionen Euro mit sich. Angeblich wollte er nach Griechenland zum Shoppen fahren.

Er wird verdächtigt, den Geschäftsmann und reichsten Mazedonier Jordan Kamchev erpresst zu haben. Gegen Kamchev läuft wiederum ein Verfahren wegen Geldwäsche. Jovanovski soll Kamchev gesagt haben, er könne über Staatsanwältin Janeva erreichen, dass die Anschuldigungen fallengelassen werden oder das Urteil milder ausfällt.

Mit 1,5 Millionen auf Shoppingtour

Insgesamt soll Bojanovski von Kamchev dafür 6,5 Millionen Euro verlangt haben, übergeben wurde offenbar die ersten 1,5 Millionen. Medien verdächtigen Janeva nun, tatsächlich für Kamchev interveniert und selbst mitgeschnitten zu haben. Auffällig war jedenfalls das Verhalten der Staatsanwältin. Zunächst behauptete sie, dass sie nur ein Telefon habe, dann wurde allerdings ihr zweites Handy bei der Freundin ihres Sohnes beschlagnahmt. Und: Ihr Sohn arbeitet just bei jenem TV-Sender, der Jovanovski gehört. Von Janeva selbst gibt es Fotos, die ihre Freundschaft zu Boki 13 belegen.

Im Zentrum des Skandals stehen Audioaufnahmen von einem Gespräch zwischen Kamchev und Janeva, die er selbst aufgenommen hat. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Existenz der Mitschnitte. Janeva werde zurzeit jedoch nicht als Verdächtige geführt. Sie soll Jovanovski aber zweimal in ihrem Büro in der Sonderstaatsanwaltschaft empfangen haben.

Janeva selbst sagt, sie habe keinen Amtsmissbrauch begangen. Und: Dass ihr Sohn für Jovanovski arbeite, habe nicht dazu geführt, dass dieser irgendwelche Privilegien erhalten habe. Jovanovski habe bloß ihren Namen missbraucht, um verschiedene Ziele zu erreichen. Die Staatsanwältin hatte im November 2018 Ermittlungen gegen Kamchev und einige seiner Geschäftsfreunde einleiten lassen. Der Fall heißt "Imperium" – denn dazu gehören auch so namhafte Leute wie der ehemalige Geheimdienstchef Saso Miljakov.

Vertrauen verloren

Ob und wie sehr auch immer Janeva involviert ist, der Schaden ist bereits enorm: Denn die Sonderstaatsanwaltschaft (SPO), die etwa auch den früheren Premierminister Nikola Gruevski vor Gericht brachte, ist jene Institution in Nordmazedonien, der die Bürger mit 70 Prozent das höchste Vertrauen schenken. Die drei führenden Staatsanwältinnen der SPO wurden "Charlie's Angels" oder auch "eiserne Ladys" genannt. Für viele Bürger waren sie die größten Heldinnen des Landes, manche trugen sogar T-Shirts mit ihrem Konterfei auf der Brust.

Nun werden wieder jene Stimmen in Nordmazedonien lauter, die besagen, dass ohnehin "alle Staatsanwälte und Richter" korrupt seien und dass die Sonderstaatsanwaltschaft ein politisches Unternehmen sei, um Gruevski zu Fall zu bringen. Das schadet auch dem regierenden Premier Zoran Zaev, der einen Wechsel der politischen Kultur versprach.

Der Skandal kommt außerdem zu einem heiklen Zeitpunkt. Denn die Sonderstaatsanwalt kann ihrer Arbeit nur weiter nachgehen, wenn ein Gesetz, durch welches sie Teil des etablierten Justizsystems werden soll, eine Zweidrittelmehrheit im Parlament bekommt. Noch ist unklar, ob die oppositionelle VMRO-DPMNE ihre Zustimmung geben wird. Sie will als Bedingung für die Zustimmung Einfluss auf die Postenvergabe im Justizbereich nehmen. (Adelheid Wölfl aus Skopje, 28.7.2019)