Am Montag startet das mit 586.140 Euro dotierte ATP-Turnier von Kitzbühel. Dominic Thiem ist topgesetzt. Hinter der Nummer vier der Weltrangliste klafft im österreichischen Tennis ein gewaltiges Loch. Vier Herren wird das Potenzial nachgesagt, in die Top 100 vorzustoßen. Den Beweis wollen sie in direkten Duellen liefern.

Dennis Novak (25)

Novak steht auf Rang 119 der Weltrangliste. Er hat 693.543 US-Dollar Preisgeld eingespielt.
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Dennis Novak geht den harten Weg. 2018 kämpfte sich der Niederösterreicher bei drei von vier Grand-Slam-Turnieren durch die Qualifikation, 2019 wiederholte er dieses Kunststück in Wimbledon. Warum das so wichtig ist? Weil dort das Geld zuhause ist, die erste Runde im Hauptfeld ist mit rund 50.000 Euro dotiert. Etwas Marie in der Tasche macht dem Profi das kostenintensive Leben leichter.

Um sich die Mühlen der Qualifikation in Zukunft zu ersparen, müsste Novak in die Top 100 vorstoßen. Das Rüstzeug bringt er mit. An der Grundlinie kann er jedes Tempo mitgehen. Sein Aufschlag ist keine Urgewalt, funktioniert aber verlässlich. Seine Fähigkeiten hat Novak bei Siegen gegen höhergereihte Spieler wie Lucas Pouille oder Alex de Minaur unter Beweis gestellt. Am letzten Punch, an der taktischen Finesse lässt sich noch arbeiten.

Einen neuen Impuls bringt seit Juni Touring-Coach Julian Knowle. Der US-Open-Doppel-Champion von 2007 soll Novak den Feinschliff verpassen. In der ersten Runde von Kitzbühel wartet am Montag Jurij Rodionov. Ein Déjà-vu, im Vorjahr behielt Novak in drei Sätzen die Oberhand.

Sebastian Ofner (23)

Ofner steht auf Rang 167 der Weltrangliste. Er hat 433.606 US-Dollar Preisgeld eingespielt.
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2017 schrieb Sebastian Ofner eine unglaubliche Geschichte. Nicht nur, dass sich der Steirer aus dem Stand heraus für Wimbledon qualifizierte – er überstand auch noch zwei Runden im Hauptfeld, ehe er sich Alexander Zverev geschlagen geben musste. Von diesem Erfolg beflügelt, erreichte Ofner vier Wochen später in Kitzbühel das Halbfinale. Seine Gelfrisur brachte ihm den Spitznamen "Falco" ein, sein Aufschlag profitiert von 191 Zentimeter Körpergröße.

Ein Durchmarsch in die Top 100? Mitnichten. Die Karriere des wortkargen Profis geriet ins Stocken, 2018 gelang ihm ein einziger Sieg auf ATP-Ebene. Mit den Niederlagen kamen die Zweifel. Konstanz? Fehlanzeige! Ofner ist im Übermaß von seiner Tagesverfassung abhängig.

Derzeit kämpft er sich über die Challenger-Tour ins Geschehen zurück. Eine Woche vor seinem 23. Geburtstag gewann er Anfang Mai das Turnier im mexikanischen Badeort Puerto Vallarta. Kurz darauf spuckte ihn die Weltrangliste auf Rang 126 aus, eine neue Bestmarke. In der ersten Runde von Kitzbühel trifft Ofner am Dienstag auf Lucas Miedler. Packt er diese Hürde, wartet Dominic Thiem.

Lucas Miedler (23)

Miedler steht auf Rang 258 der Weltrangliste. Er hat 211.419 Preisgeld eingespielt.
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Lucas Miedler hat einen Grand-Slam-Titel in der Tasche. Immerhin, das kann nicht jeder Tennisspieler von sich behaupten. An der Seite des Australiers Bradley Mousley gewann er 2014 den Doppelbewerb der Junioren bei den Australian Open. Was Miedler fehlt? Der Durchbruch auf der ATP-Tour. Bisher hat der Niederösterreicher kein einziges Match auf höchster Profi-Ebene gewonnen.Das soll sich in Kitzbühel ändern, und diese Chance hat sich Miedler hart erarbeitet.

Im Gegensatz zu Novak, Ofner und Rodionov wurde dem Mann mit der einhändigen Rückhand keine Wildcard für den Hauptbewerb zuteil. Seine Einladung zur Teilnahme an der Qualifikation nutzte er mit zwei Siegen. Zunächst bezwang Miedler Vorjahresfinalist Dennis Istomin in zwei Sätzen, dann setzte er sich gegen den Argentinier Carlos Berlocq in drei hart umkämpften Sets mit 6:7, 7:5, 6:3 durch.

Zwei Siege, die ihm einen Schub in Sachen Selbstbewusstsein geben müssten. Zur Belohnung gibt es 5285 Euro Taschengeld und ein Erstrunden-Match gegen Sebastian Ofner. Geheimnisse sind auszuschließen, die beide bilden eine Doppelpaarung.

Jurij Rodionov (20)

Rodionov steht auf Rang 280 der Weltrangliste. Er hat 112.365 US-Dollar Preisgeld eingespielt.
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Bei Jurij Rodionov ging alles rucki-zucki. 2017 bestritt der in Niederösterreich aufgewachsene Youngster seine erste Profisaison, ein Jahr später gewann er in Almaty bereits sein erstes Turnier auf der Challenger-Tour. Das ist in dem Alter keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Versprechen für die Zukunft. Die deutsche Vermarktungsagentur Octagon nahm den 191 Zentimeter großen Lackel nicht aus purer Nächstenliebe unter Vertrag.

Der Linkshänder verfügt über einen starken Aufschlag und bringt Unterhaltungswert mit. Als Junior musste er in Wimbledon eine schwarze Unterhose – Vorschrift ist Vorschrift – gegen eine weiße tauschen, sein Urschrei bei einem Turnier in Bratislava sorgte in den sozialen Medien für kollektives Schmunzeln.

In der Weltrangliste stand Rodionov im Mai bereits auf Rang 187, trotzdem erlebt er eine durchwachsene Saison mit vielen knappen Niederlagen. In puncto Fitness, so sagen Beobachter, gäbe es Luft nach oben. Auch der richtige Schlag zum richtigen Zeitpunkt würde mitunter fehlen. In der ersten Runde von Kitzbühel trifft Rodionov auf seinen Landsmann Dennis Novak, ein spannendes Lokalderby. (Philip Bauer, 29.7.2019)