Was der Österreicher nicht kennt, mag er nicht. Während E-Sport in großen Schritten zum globalen Siegeszug antritt, ist kompetitives Gaming hierzulande noch ein Randthema, das für Kopfschütteln und Unverständnis sorgt. Mit dem Sieg des Österreichers David "Aqua" Wang bei der "Fortnite"-Weltmeisterschaft im Duobewerb dürfte das Thema nun aber auch hierzulande vermehrt in den Fokus rücken – auch wenn Kritik nicht lange auf sich warten ließ. Mit Videospielen Geld verdienen, ja gibt's denn das?

Fakt ist, dass immer mehr Menschen spielen. Games werden nicht mehr nur von jungen Burschen konsumiert, sondern von Jung und Alt genossen. Der durchschnittliche Gamer ist laut einer US-Statistik heute 36 Jahre alt und zu 50 Prozent weiblich. Seit Jahrtausenden messen sich Menschen bei spielerischen Wettkämpfen, wieso also nicht in Computerspielen – dem Leitmedium des 21. Jahrhunderts?

Die erste Fortnite-WM fand in New York statt.
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Auch zieht kompetitives Gaming immer mehr Zuschauer an. Über 205 Millionen Menschen schalteten beim Finale der "League of Legends"-Weltmeisterschaft 2018 ein, Zugleich wandern die etablierten Sportarten wie Fußball, Football und Tennis zusehends ins Bezahlfernsehen ab, während man E-Sport kostenlos im Internet auf Portalen wie Youtube und Twitch verfolgen kann. Der Aufstieg des Trendsports wird sich somit unaufhaltbar fortsetzen. Bis ins Jahr 2022 soll professionelles Gaming 640 Millionen Zuschauer begeistern.

Zehn Stunden Training täglich

Der Niedergang der Gesellschaft ist das entgegen manchen kritischen Stimmen nicht. Auch wenn die Veranstalter mit für den Profisport üblichen Millionensummen locken, wird keine Generation an Heranwachsenden vollständig der digitalen Unterhaltung verfallen. Die Realität ist nämlich, dass nur sehr wenige das Durchhaltevermögen und Talent aufweisen, E-Sport-Profi zu werden. Die besten Spieler müssen täglich rund zehn Stunden trainieren. Fitness und körperliche Gesundheit sind hierbei nicht vernachlässigbare Aspekte. Bei Turnieren rufen die E-Sportler stundenlang unter höchster Konzentration ihre Leistungen ab – das Stereotyp vom übergewichtigen Videospiele-Athleten ist somit ein modernes Märchen. Kompetitives Gaming ist in seinen Anforderungen vergleichbar mit etabliertem Spitzensport.

Skepsis und Spott, die dem E-Sport mancherorts entgegenschlagen, wecken Erinnerungen an Debatten rund um das Fernsehen. Beim Aufkommen des neuen Mediums hieß es damals auch, dass dieses neuartige Kastl im Wohnzimmer alle dumm und dick machen wird. Dieses Horrorszenario ist freilich nicht eingetreten, so wie uns auch Rockmusik nicht alle zu Satanisten gemacht hat. Eine kritische Begutachtung der neuen digitalen Unterhaltung ist durchaus wünschenswert und findet auch auf wissenschaftlicher Ebene seit Jahren statt.

Eine Panikmache angesichts von E-Sport wie vor zehn Jahren bei Videogames, damals unter dem Schlagwort "Killerspiele", sollte aber tunlichst vermieden werden. Neue Medien scheinen immer wieder einen Generationenkonflikt auszulösen. Das muss nicht sein. Vielmehr braucht es Verständnis, Akzeptanz und Offenheit für Veränderungen, auch wenn eine Entwicklung als noch so surreal erscheint. (Daniel Koller, 29.7.2019)