Man muss sich Michael Jeannée als großen Sentimentalen vorstellen.

Nein, das ist keine Ironie, kein Zynismus. Wir wissen, dass unser "Krone"-Postler streng sein kann, ja, harsch. Besonders wenn es gegen Menschen geht, die nicht so begünstigt sind im Leben.

Unvergessen der unbestechliche Urteilsspruch, den er einem 14-Jährigen nachrief, der von einem Polizisten in den Rücken geschossen und getötet wurde: Wer alt genug zum Stehlen ist, ist alt genug zum Sterben!

ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Aber wenn er an einen anderen jungen Menschen denkt, der es zu etwas gebracht hat, dann packt unseren Jeannée die Rührung: "Was für ein Jammer! Sie, Herr Kurz, gesegnet mit Ihrer Jugend, Ihrem Charme, Ihrem Charisma. Ein politisches Ausnahmetalent. Vertrauen einflößend. Jemand, dem man glaubt. Und von dem man weiß, dass er es bringt, dass er es kann."

Was ist los? Also, Kurz war im Fernsehen, und Jeannée fängt prompt zu flennen an. Ewig schad, dass Kurz nicht mehr Kanzler ist – und nicht mehr mit dem anderen "Politkönner der Extraklasse", nämlich dem Herrn Herbert Kickl, "an einem Strang zieht".

Andere mögen das ja als Freudentag für die Demokratie empfunden haben. Aber Jeannée vergießt bittere Tränen. "Herr Kurz, gesegnet mit Ihrer Jugend ..." So klingt es, wenn alte Reaktionäre ihren jungen Hoffnungen nachweinen. (Hans Rauscher, 29.7.2019)