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Proteste gegen die bei der Entführung und späteren Ermordung einer 15-Jährigen in Rumänien haben nun auch politische Folgen.

Foto: AP/Vadim Ghirda

Bukarest – In Rumänien ist Innenminister Nicolae Moga vor dem Hintergrund von Behördenversagen rund um die Tötung zweier Mädchen am Dienstag nach weniger als einer Woche im Amt zurückgetreten. Mogas Schritt erfolgte nur wenige Stunden vor einer vor einer von Staatspräsident Klaus Johannis (Iohannis) einberufenen Sitzung des Obersten Verteidigungsrats, der sich mit dem Behördenversagen befassen sollte.

Unterdessen werden immer neue Informationen über das Ausmaß des Behördenversagens, insbesondere der Polizei, bekannt. Der Verteidigungsausschuss des Parlaments, der am Montag die Mitschnitte von den drei Notrufen der später getöteten 15-jährigen Alexandra anhörte, zeigte sich erschüttert: Der diensthabende Polizeibeamte hatte dem Mädchen bei dessen erstem Notruf empfohlen, "die Leitung nicht länger zu belegen". Als die Jugendliche weinend beteuerte, entführt, verprügelt und vergewaltigt worden zu sein, empfahl ihr der Polizist: "Bleib, wo du bist. Ich schicke eine Streife vorbei."

Kritik an krasser Inkompetenz

Neben Mangel an Empathie muss sich die Polizei in Caracal auch den Vorwurf krasser Inkompetenz gefallen lassen: Nachdem der ungefähre Aufenthaltsort der 15-Jährigen per Handyortung bestimmt worden war, benötigte die örtliche Polizei eineinhalb Stunden, um die App zur genaueren Positionsbestimmungen zu bedienen.

Der zuständige Polizist habe "telefonische Anweisungen" angefordert, weil er nicht wusste, was zu tun beziehungsweise anzuklicken sei, stellte der Vizechef des Sondertelekommunikationsdiensts STS, Brigadegeneral Sorin Balan, gegenüber dem Verteidigungsausschuss fest.

Hilfe durch die Polizei kam schließlich zu spät – Alexandra war umgebracht worden. Alexandras Vater, der sein Kind bereits vorige Woche am Mittwochabend vermisst melden wollte, hatte die Polizei Caracal empfohlen, sich "lieber erst morgen wieder zu melden".

"Unkooperativer" Verdächtiger

Die Ermittlungen im Fall der getöteten 15-Jährigen und eines weiteren Mädchens laufen derzeit zwar auf Hochtouren, am Montag brachten sie aber keine neuen Erkenntnisse. Ein erster Versuch, das Tatgeschehen nachzustellen, scheiterte am mutmaßlichen Täter: Der 66-jährige teilgeständige Gheorghe D. zeigte sich plötzlich wieder "unkooperativ", als man ihn nach Corabia an der Donau brachte, wo er die Leiche der 18-jährigen Luiza nach eigener Aussage verschwinden ließ. Ermittler und Forensiker fanden nach stundenlanger Suche nichts, was die Aussage untermauerte; der dringend Tatverdächtige schwieg nun wieder.

Unterdessen nimmt in Rumänien die Welle der Empörung in der Bevölkerung angesichts der Behördeninkompetenz weiter zu: In Caracal gingen am Montagabend hunderte Schüler, viele davon Schul- und Klassenkollegen der getöteten Alexandra, auf die Straße, um gegen die Gemeindebehörden – allen voran die örtliche Polizei – zu demonstrieren. Die Jugendlichen marschierten quer durch die Kleinstadt bis vor das Anwesen des mutmaßlichen Täters. Dort riefen sie stundenlang: "Unsere Polizei tötet", "Sie hat euch vertraut, ihr habt sie im Stich gelassen", "Schande über euch" und "Rücktritt!".

Rumäniens sozialdemokratische Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă hatte Mogas Vorgängerin Carmen Dan erst kürzlich abgesetzt. Dăncilă begründete das mit dem schlechten Image Dans in der Bevölkerung. Dan war vor allem wegen eines gewaltsamen Polizeieinsatzes mit Tränengas gegen regierungskritische Demonstranten im Vorjahr unbeliebt. (APA, 30.7.2019)