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Pro

von Petra Eder

Neulich bestellte ich an einer Hotelbar ein Glas Rotwein. Der Wein war warm, sehr warm, er hatte die berühmte "Zimmertemperatur". Diese liegt heute aber nicht mehr bei 18, sondern oft bei 28 Grad. Ich bestellte Eis, der hochgezogenen Braue des Kellners zum Trotz.

Angesichts des Klimawandels mit zig Hitzetagen ist es Zeit, angebliche No-Gos zu überdenken. Gspritzter, Aperol Spritz, Kir – Wein wurde immer schon gemischt, und im Sommer wird der Gspritzte oft noch mehr gestreckt, mit Soda, was auch nur Wasser ist. Warum nicht einen großen Eiswürfel in den Rosé schmeißen, der sich sonst binnen kürzester Zeit bei 30 Grad Außentemperatur in warmes Gschloder verwandeln würde? Mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass Verdünnung die Wirkung des Alkohols abschwächt. Sollte der Kopf am nächsten Morgen trotzdem schmerzen, könnte der umstrittene Mediziner Samuel Hahnemann doch recht gehabt haben: Die Potenzierung verstärkt den Effekt.

Kontra

von Daniel Koller

Eiswürfel im Wein? Dann kann man ja gleich Wein aus dem Tetra Pak trinken. Auch wenn die Sonne noch so herunterheizt und die Schweißperlen auf der Stirn ein Gewässer bilden – mein Riesling bleibt von Eiswürfeln definitiv verschont. Wein ist nicht einfach Wein. Jeder Schluck ist ein Geschmackserlebnis, und man weiß vor der Öffnung einer Bouteille nie so wirklich, was einen nun erwartet. Ob süßlich, nussig oder fruchtig – die Zunge wird jedes Mal aufs Neue überrascht.

Eiswürfel verwässern dieses Erlebnis nur. Wenn ein Winzer schon mit Trauben, Gärungsprozess und Lagerung experimentiert, dann würdige ich diese Kunst verdammt noch mal – auch bei 40 Grad im Schatten. Um sich abzukühlen, gibt es ohnehin bessere Getränke. Spritzer zum Beispiel. Da dürfen die Eiswürfel auch gerne rein, kommt ohnehin nur der billigste Fusel zum Einsatz. Kostet der Wein aber ein bisschen mehr, grenzt es fast schon an Ketzerei, geschmacklich hieran herumzupfuschen.

(RONDO, 19.8.2019)