Fesch ist er, der Rosé im Glas. Doch nur schön zu sein reicht dem Beau der Weinwelt nicht mehr. Gut gemacht bringt er die Frische der Weißweine und das Gerüst sowie die Struktur, die man ansonsten Rotweinen zuschreibt, mit.

Das wissen auch immer mehr Winzer und gehen darum mit höheren Ansprüchen an die Roséwein-Produktion. In zweiter Instanz erreicht dieser Qualitätsgedanke den Handel und die Gastronomie.

Mit dem Rosé geht es bergauf: Immer mehr Weintrinker erkennen auch hierzulande, dass gut gemachter Roséwein einiges zu bieten hat.
Foto: Lukas Friesenbichler

Wie das Restaurant Tian in Wien. Chef-Sommelier André Drechsel erklärt, warum: "Unsere rein vegetarische Küche schreit förmlich nach Weißweinen. Gut gemachter Rosé ist eine Alternative, die Grip und Struktur ins Spiel bringt, die Gerichte aber trotzdem nicht dominiert, wie es zu kräftige Rotweine täten."

Die Rosatant auf Besuch

Aktuell übernimmt diesen Part in der Tian-Weinbegleitung die "Rosatant" vom Weingut Joiseph in Jois – ein reiner Blaufränkisch-Rosé, der zum Gericht "Fenchel-Mandel-Rose" die vinophile Ergänzung darstellt.

Drechsel: "Allein durch den Fenchel ist das eine intensive Angelegenheit. Da braucht es schon ein bisschen Power und trotzdem Leichtigkeit." Wie bei manchen anderen Gerichten auch hat die Küche ihr "Fenchel-Mandel-Rose" sogar etwas an den Wein angepasst. Das kommt an. "Die Leute reißen mir die Rosatant förmlich aus der Hand, bald habe ich nichts mehr", sagt Drechsel.

Wurden die Trauben richtig behandelt, vereint Rosé Stärken von Weiß- und Rotwein, sagt Tian-Sommelier André Drechsel.
Foto: André Drechsel

Besser als sein Image

Dass Rosé beim Weintrinker derart offene Türen einrennt, ist noch nicht lange so. Für Bernhard Havlicka, Einkäufer bei Wein & Co, ist dieser Trend in Österreich erst vier bis fünf Jahre alt. Losgetreten wurde er laut ihm von Celebrity-Produzenten wie Brad Pitt und Angelina Jolie mit ihrem südfranzösischen Wein "Miraval". Havlicka: "Allein im Vergleich zum Vorjahr ist das Roséweinsortiment bei Wein & Co um beinahe 15 Prozent gestiegen. Rosé hat sich als eigene Kategorie gefestigt und reicht heute vom easy-drinking Sommer-Rosé bis zum hochwertigen, komplexen Wein, dem auch ein paar Jahre Flaschenreife gut tun können." Das war nicht immer so. Lange Zeit war Rosé-Wein eine Art Verlegenheitsprodukt des Winzers.

Für Winzer Markus Altenburger aus Jois ist der schlechte Ruf von Rosé schnell erklärt: "Wollte man den Rotwein konzentrierter hinkriegen, zog man eben ein bisschen von dem noch nicht ganz fertigen Rotwein ab. Et voilà: Man hatte Rosé. Die Konsumenten suchten sowieso nach Etiketten und Farben aus." Diese Kombination aus doppelter Gleichgültigkeit hat seltsame Blüten getrieben. Lange galt Rosé als "nicht Fisch und nicht Fleisch" der Weinwelt. Ernst genommen hat diese Himbeer-Erdbeer-Wässerchen niemand. Seit einiger Zeit aber mehren sich die Stimmen, die für Rosé im Qualitätsweinbereich eine Lanze brechen, und die die Trauben auch dementsprechend behandeln.

Wiederbelebung aus der Naturweinszene

Die Qualitätsoffensive der Roséweine kommt für Markus Altenburger aus der Ecke der Natural-Wine-Bewegung: "Weil Winzer, die nach dieser Philosophie arbeiten, wissen, wie man mit Maischekontakt im Weißweinbereich umgeht und Weinen damit Struktur und Tiefe verleiht." Zur Erklärung: Rotwein vergärt üblicherweise als Maische gemeinsam mit den Schalen oder sogar den ganzen Trauben. Weißwein wird in der Regel aus dem Traubensaft gekeltert. Naturweinwinzer arbeiten vermehrt auch beim Weißwein mit intensivem Schalenkontakt und Vergärung auf den Beerenhäuten. Dieses gekonnte Spiel mit der Maische ist laut Altenburger auch für Roséwein essenziell, ohne komplett durchzuvergären. Sonst wäre man ja wieder beim Rotwein.

Mit der Vision hochwertigen Roséwein herzustellen gründeten Bernadette und Markus Altenburger die Rosé-Connection.
Foto: Markus Altenburger

Diese Mission vor Augen, nämlich guten Rosé zu machen, gründete Altenburger mit seiner Frau Bernadette die Rosé Connection. Dieser Name bezeichnet die Roséweinproduktion des Weinguts, die bis zu 20 Prozent der Gesamtmenge ausmacht. Die Bandbreite reicht dabei vom "Witzbold", einem im Holz gereiften Rosé, bis hin zum Pet Nat Puntini (Petillant Naturel, ein nach ursprünglicher Methode gewonnener Schaumwein).

Rosa Elefanten trinken

Wieso man die Welt nicht sowieso ein bisschen roséfärbiger betrachten kann, hat Winzerin Pia Strehn noch nie verstanden. Auf ihren Visitenkarten wünscht sie sich "Weltfrieden und ein Glaserl Rosé". Schon als Kind hatte sie die Fotos der Roséweine in den Bestellkatalogen ihres Vaters, der als Weineinkäufer arbeitete, eingekringelt, ausgeschnitten und gesammelt. Damals hat auch Strehn nach Farbe ausgewählt.

Für Winzerin Pia Strehn schmeckt Rosé am Wasser noch ein Schlückchen besser. Aber auch ohne kann er viel mehr, als die meisten glauben.
Foto: Pia Strehn

Heute bewertet sie Roséwein nach anderen Kriterien und ist in unermüdlicher Mission für den Rosé aus Österreich unterwegs. Denn der kann viel mehr, als die meisten wissen, ist sie überzeugt. Ihre Brüder sind für die Weinproduktion im burgenländischen Deutschkreutz zuständig.

Rosé ohne Korsett

Pia Strehn, als älteste der drei Geschwister, trägt die Botschaft in die Welt hinaus – sogar bis nach Japan. "Mit Rosé ist alles möglich", sagt sie. Schließlich bewegt man sich ohne Korsett. Roséwein muss sich dem Stil, den sich ein Weinkenner von Gebieten wie beispielsweise dem Burgund, der Wachau oder auch dem Mittelburgenland erwartet, nicht anpassen. Genauso wenig muss er sich bestimmten Rebsorten-Typizitäten unterwerfen. Daher darf ihr Rosé auch ins Barrique, also ins kleine Holzfass. Ansonsten werden diese röstigen Aromen eher kräftigen Rotweinen zugetraut.

Das sagt zumindest Pia Strehn und nennt ihre Rosé-Barrique-Interpretation als kleine Vorwarnung an die Konsumenten "Elefant im Porzellanladen". In Zeiten, in denen das Außenthermometer jenseits der 30-Grad-Grenze ausschlägt, kann man sowieso schwer Rotwein trinken, sagt sie. Dann ist der "rosarote Elefant" der richtige Begleiter für ein kurzgebratenes Steak vom Grill. Denn er bringt Körper mit für das Steak und erfrischt den Menschen hinter dem Teller. Und das ist doch schon einmal eine Ansage. (Nina Wessely, RONDO, 9.8.2019)