Ein Graffito in Rom zeigt Di Maio als Katze und Salvini als Fuchs, die Pinocchio Conte manipulieren.

Foto: APA / AFP / Laurent Emmanuel

Zuletzt wollte Luigi Di Maio den Namen Matteo Salvinis nicht einmal mehr aussprechen. "Quell'altro", "den anderen da", nannte er seinen Koalitionspartner. Der Ausdruck fiel, als sich der Vizepremier und Chef der Fünf-Sterne-Bewegung am Sonntag über das "untragbare Auftreten" seines Koalitionspartners Lega beschwerte. "Aber nach der Wahl hatten wir keine Alternative: Wir konnten entweder in die Opposition gehen oder versuchen, unter schlechtesten Bedingungen so viel wie möglich nach Hause zu bringen", sagte Di Maio zu einer Gruppe von kalabrischen Aktivisten. Die Audiomitschnitte des eigentlich vertraulichen Treffens tauchten am Montag auf einer italienischen Internetseite auf.

Die Aussagen Di Maios lassen tief in seine zerrüttete Beziehung zum zweiten Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini blicken. Dabei hatten sich die beiden eigentlich um friedlichere Töne bemüht, nachdem die gegenseitigen Verunglimpfungen rund um die Wahl Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatten. Di Maio sei ein "anständiger Mensch", so Salvini über seinen Koalitionspartner – der seinerseits meinte, man könne doch wie "erwachsene Menschen" über alle Probleme reden.

Lange Liste an Problemen

Und die Liste der Probleme ist lang. Tunnelbauarbeiten, Personalfragen auf nationaler und internationaler Ebene, der marode Staatshaushalt und zuletzt die Russlandaffäre – über alles wurde in dem einen Jahr, in dem die Regierung im Amt ist, schon gestritten. Die Verstrickung Salvinis in die Affäre rund um angebliche russische Wahlkampfgelder für seine Lega hält Italien nun schon seit Wochen in Atem. Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf internationale Korruption, und die Opposition hat einen Misstrauensantrag gegen Salvini angekündigt. Dieser verweigerte im Parlament bisher jede Stellungnahme zu dem Skandal.

Und doch ist die Russlandaffäre bloß die jüngste Belastungsprobe für die Beziehung der populistischen Parteien. Zuvor sind die beiden wegen der Wahl der EU-Kommissionspräsidentin im Clinch gelegen. Die Fünf-Sterne-Bewegung unterstützte von der Leyen, die Lega nicht. Auch der Bau eines Bahntunnels von Turin nach Lyon entzweite die Koalitionspartner: Die Lega war dafür, die Fünf-Sterne-Bewegung dagegen. Auch in vielen weiteren Fragen finden die Koalitionspartner zu keinem Konsens. In regelmäßigen Abständen droht Salvini mit Neuwahlen. Er weiß, dass er am längeren Hebel sitzt.

Der Beliebtheit des Innenministers haben weder seine verbalen Ausbrüche noch die Russlandaffäre geschadet – im Gegenteil: Seine Werte sind sogar noch gestiegen. Und die Anzahl der Stimmen für die Lega hat sich bei der Europawahl verdoppelt, während sich jene für die Fünf Sterne halbierte. Der Rosenkrieg mit der Fünf-Sterne-Bewegung könnte also durchaus in einer Scheidung enden. Die Forza Italia von Expremier Silvio Berlusconi und die rechtsradikalen Fratelli d'Italia liebäugeln daher schon länger mit der Lega. (Ricarda Opis, 30.7.2019)