Taiwan ist immer eine Reise wert. Allerdings nicht für Bewohner 47 großer Städte in der Volksrepublik China, denen keine Ausreisegenehmigungen mehr erteilt werden. Nahe dem Chiang-Kai-shek-Memorial fand im Mai eine China-kritische Kunstaktion statt.

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Peking/Taipeh – Für Taiwan sind sie längst zum Wirtschaftsfaktor geworden, und ihre massive Zunahme galt einst als wichtiges Symbol für die Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Doch damit soll nun Schluss sein: China hat am Dienstag angekündigt, den Bewohnern von 47 großen Städten künftig keine Individualreisen nach Taiwan mehr zu genehmigen. Hintergrund sind die wachsenden Spannungen mit der Insel, die sich selbst als "Republik China" sieht und sich selbst verwaltet, von der Volksrepublik China aber als abtrünnige Provinz gesehen wird. Als Anlass nennt China die für kommenden Mai geplanten Wahlen in Taiwan.

Der Streit zwischen Peking und Taipeh war zuletzt angewachsen – auch deshalb, weil die Regierungen in unterschiedliche Richtungen marschieren. Chinas Präsident Xi Jinping hat in den vergangenen Jahren stärker als seine Vorgänger auf Nationalismus gesetzt und die Heimholung der Insel als eines seiner großen Ziele definiert. Mehrfach betonte er, man könne damit nicht mehr lange warten.

Ihm ist offenkundig auch ein Dorn im Auge, dass das demokratisch und liberal regierte Taiwan ein sichtbares Gegenstück zur autoritären Herrschaft seiner Kommunistischen Partei ist – und damit unter Beweis stellt, dass Demokratie auch in China funktionieren kann.

Unterschiedliche Richtungen

Zugleich hat aber auch Taiwan vor drei Jahren mit Präsidentin Tsai Ing-wen von der Demokratische Fortschrittspartei eine Regierungschefin gewählt, deren Fernziel nicht mehr die Philosophie "Ein-China-Politik" ist, sondern ein eigenständiges Taiwan. Anders als ihr Vorgänger Ma Ying-jeou von der chinesisch-nationalistischen Kuomintang-Partei ist sie damit auf Konfrontationskurs mit Peking gegangen. Sie tritt im Jänner 2020 gegen ihren Kuomintang-Gegner Han Kuo-yu an.

Erst jüngst hatte China große Teile des Meeresgebietes rund um Taiwan zur militärischen Sperrzone gemacht. Das galt allgemein als eine Drohgebärde gegenüber der Insel, die eigentlich per Vertrag von den USA verteidigt werden sollte. Allerdings hat Präsident Donald Trump mehrfach Zweifel daran aufkommen lassen, ob ihm die Sicherheit Taiwans tatsächlich einen Waffengang gegen Peking wert wäre.

Die neue Maßnahme Chinas, die unter anderem Bewohner von Peking, Schanghai und Xiamen betrifft, gilt vor allem wirtschaftlich als Sanktion gegen Taipeh. Für die Insel machen die Touristen vom Festland einen beträchtlichen Wirtschaftsfaktor aus. Im vergangenen Jahr hatten sich die Besucherzahlen erholt. 1,67 Millionen Festland-Chinesen hatten im ersten Halbjahr 2019 die Insel besucht, das waren rund 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allerdings gehen nicht alle diese Besuche auf Individualtourismus zurück. (mesc, 31.7.2019)