Seit zehn Jahren bin ich Triebfahrzeugführerin bei den ÖBB. Ich hab an einer AHS maturiert. Dass ich nachher nicht studieren will, war mir schnell klar. Auf die Idee bei den ÖBB eine Ausbildung zu machen, hat mich eigentlich mein Bruder gebracht. Er hat damals in der Lokwerkstatt gearbeitet. Und so hab ich mir das Ganze angeschaut und schnell war klar: ja, ich probier‘s. Und jetzt bin ich voll glücklich damit.

Ich bin zwar immer mit der Schnellbahn in die Schule gefahren, das hat mir schon getaugt. Wenn ein Güterzug vorbeigefahren ist, hab ich auch immer die Wagons gezählt, aber sonst hab ich nicht allzu viel mit der Bahn zu tun gehabt. Ich hab mir gedacht, Triebfahrzeugführerin wäre nicht schlecht, weil ich nicht den ganzen Tag im Büro sitzen muss, die Landschaft sehen kann und unterwegs bin. Die Vorstellungen haben sich bewahrheitet, teilweise sind sie auch noch viel schöner, als ich mir das vorgestellt habe.

Das Wetter beobachten zu können, Sonnenauf- und -untergang zu sehen, das ist schon beeindruckend. Außerdem gefällt es mir, dass ich nicht an einen Ort gebunden bin und trotzdem geregelte Arbeitszeiten hab. Ich weiß, wann ich wohin fahre, wann meine Pausen sind und nach der letzten Fahrt hab ich Feierabend.

Flexible Arbeitszeiten

Meine Arbeitszeiten sind sehr unterschiedlich. Manchmal fangen die Dienste um vier Uhr 37 an und dauern bis 16 Uhr 30 oder sie beginnen um sechs Uhr und gehen bis 18 Uhr. Die Nachmittagsschichten gehen von zwölf bis Mitternacht und die Nachtschicht von 18 Uhr bis sechs Uhr. Vom Westbahnhof fahr ich mit der Schnellbahn nach Purkersdorf oder Tullnerbach, mit dem Regionalzug fahr ich nach St. Pölten oder Amstetten, mit dem Güterzug nach Linz oder Wels. Ich fahre keine langen Strecken, in Wels ist für mich Schluss, weil ich nur bis dorthin Streckenkenntnis habe.

Der größte Unterschied zwischen Güter- und Personenzug ist sicher der Bremsweg. Mit einem Güterzug kann man dafür schon einmal einen Kilometer brauchen. Personenzüge kommen zum Teil nach 200 Meter zum Stehen. Außerdem kann man mit einem Güterzug bei den Stationen durchfahren.

Nicht einsam

Was andere als Nachteil sehen, finde ich gut. Zum Beispiel, dass ich sehr flexible Arbeitszeiten habe. Dadurch hab ich auch unter der Woche frei und kann etwas machen. Und am Sonntag sind die Fahrgäste etwas gemütlicher drauf als an Werktagen. Einsam empfinde ich den Beruf nicht. Man hat seine Ruhe – so kann man es auch sehen. Ich fahre meine Strecken, da bin ich alleine. Aber wir haben ja auch Pausen und da treffen wir uns in den Aufenthaltsräumen, da kann man mit den Kollegen tratschen.

Andrea Pieters in einem City Jet. Seit zehn Jahren ist sie bei den ÖBB Triebfahrzeugführerin.
Foto: Robert Newald

Für die Verantwortung, die man hat und die flexiblen Arbeitszeiten, finde ich die Bezahlung schon okay. Ich bekomme zwischen 2.000 und 2.500 Euro netto im Monat, je nachdem welche Dienstzeiten ich habe. Wenn man viel Geld verdienen möchte, kann man auch Überstunden manchen, die ausbezahlt werden.

In der Schnellbahn beispielsweise bin ich als Fahrerin, das einzige Personal, das mitfährt. Falls etwas passiert, bin ich für alles weiter zuständig. Und dass immer etwas passieren kann, weiß man. Mir ist bisher zum Glück noch nichts passiert.

Der Beruf ist körperlich nicht wirklich anstrengend. Während der Arbeit muss man aber schon sehr konzentriert sein, den Rest bekommt man vermittelt. Ich hab mich vorher mit Technik oder der Elektrik auch nicht ausgekannt. In der Ausbildung wird alles von Grund auf vermittelt. Nach wie vor ist es aber ein stark männerdominierte Beruf. Damals als ich angefangen habe, waren unter den 4.000 Lokführern nur 40 Frauen.

Einmal reinschnuppern

Mit einem Schnuppertag in einem Triebfahrzeug beginnt man, damit man abschätzen kann, ob einem der Job taugt. Es kann auch sein, dass dir in der Lok schlecht wird. Auch eine Nachfahrt gehört dazu. Erst danach hab ich mich beworben. In der theoretischen Ausbildung werden die Grundlagen der Elektrik vermittelt, wie die Eisenbahn funktioniert, was die einzelnen Loks unterscheidet. Dazwischen gibt es sogenannte Beimannzeiten, da fährt man mit einem Lokführer mit und kann selbst üben. Danach folgt wieder ein Theorieblock. Insgesamt dauert die Ausbildung 52 Wochen. Heute bin ich selbst schon Fahrlehrerin und angehende Triebfahrzeugführer fahren mit mir mit.

Besonders freue ich mich, wenn kleine Kinder mir zuwinken, oder, wenn Fahrgäste am Bahnsteig zu mir nach vorne kommen und sich bedanken, dass man noch auf sie gewartet hat. Da denke ich mir, ich hab was richtig gemacht. (Gudrun Ostermann, 5.8.2019)