Wer nach dem Scheitern von Türkis-Blau an Entzugserscheinungen litt, weil Sebastian Kurz jetzt seltener über den Bildschirm flimmert – die oder der wurde Dienstagabend in der "ZiB 2" reich entschädigt. Im Interview mit Armin Wolf, der zäh auf Antworten auf seine Fragen drang, entfaltete der jugendliche Exkanzler sein ganzes Medienkommunikationstalent.

Lässig saß er da, mit einem Gesichtsausdruck, der auf ehrlichstes Interesse an den Ausführungen seines Gegenübers schließen lassen konnte. Seine typischen parallelen Handbewegungen setzte er erklärend bis appellierend ein – und seine Rede war bedächtig und verständlich. Wie sehr derlei über den Erfolg eines Politikers mitentscheidet, wissen wir seit Bruno Kreisky.

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Weit weniger entspannt war der Gesprächsverlauf, der auf weiten Strecken eher verbalem Florettfechten als einem klassischen politischen Interview entsprach. Da hagelte es Bemerkungen wie "Das wissen Sie aber schon ..." oder "Es fällt Ihnen aber schon auf ...". Mehrmals suggerierte Kurz, dass Wolf aus taktischen Gründen mit gesichertem Wissen hinter dem Berg halte.

Und was sagte der Mann, dem in naher Zukunft erneut eine gewichtige innenpolitische Rolle zuzutrauen ist? Dass er Türkis-Blau I gern weitergeführt hätte, aber an Innenminister Kickl scheiterte. Dass er das Innenministerium für die ÖVP zurückhaben wolle. Dass er Kickl als Minister nicht mehr akzeptieren werde, dieses Verdikt aber nicht unbedingt für andere einflussreiche Positionen gelte. Zusammengefasst: Türkis-Blau II mit Kanzler Kurz ist durchaus möglich. (Irene Brickner, 31.7.2019)