Herbert Kickl hatte als Innenminister die Erstaufnahmezentren für Asylwerber in Ausreisezentren umbenannt. Diese symbolische Aktion steht für die Boshaftigkeit und Bösartigkeit, mit der der freiheitliche Politiker an die Arbeit ging. Asylwerber mussten nicht nur abgewehrt, sie mussten herabgewürdigt werden: Per Erlass senkte Kickl den Stundenlohn für gemeinnützige Tätigkeit auf 1,50 Euro. Das zeigt seine Grundeinstellung diesen Menschen gegenüber, da schwingt Verachtung mit.

Mit dieser Art der Politik hatte Sebastian Kurz offenbar keine Probleme. In der Migrationspolitik passte ja kein Blatt zwischen ÖVP und FPÖ. Dennoch will Kurz als mutmaßlich nächster Regierungschef dafür sorgen, dass das Innenministerium nicht noch einmal einem Freiheitlichen in die Hände fällt. Die ÖVP soll es wieder führen, nur dann kann er Vertrauen haben.

Sebastian Kurz will dafür sorgen, dass das Bundesministerium für Inneres nicht noch einmal in die Hände der FPÖ fällt.
Foto: APA/HANS PUNZ

Das ist keine gute Idee – in mehrerlei Hinsicht: Es gab noch keinen schwarzen Innenminister, der sich durch Glanzleistungen oder übertrieben lösungsorientierte Herangehensweisen ausgezeichnet hätte. Am ehesten trifft das noch auf Ernst Strasser zu – ausgerechnet jenen Strasser, der das Innenministerium brutal von rot auf schwarz umgefärbt hatte und in dessen Zeit der Aufstieg jener Seilschaften begann, die heute als schwarzes Netzwerk im Ministerium präsent sind. Jenen Strasser übrigens, der danach wegen Bestechlichkeit verurteilt wurde. Als Minister hatte Strasser Gendarmerie und Polizei zusammengelegt – im Nachhinein eine unumstritten wichtige Maßnahme.

Gepflegte Seilschaften

Alle anderen schwarzen Innenminister hatten bestenfalls brav verwaltet, ihre Parteifreunde versorgt und die Seilschaften gepflegt. In der Regel hatten sie Parteipolitik betrieben und ihren Chefs Stoff für Kampagnen geliefert. An das Thema Ausländer waren sie problemorientiert, nicht lösungsorientiert herangegangen – ob Asylwesen oder Kriminalität, damit ließ sich immer gut Politik machen. Das Feindbild der Ausländer wurde auch von schwarzen (und zuvor von roten, wenn auch nicht von allen) Innenministern gepflegt, das ist keine Erfindung von Kickl. Der hatte es lediglich zur Perfektion gebracht.

Mit 37.000 Mitarbeitern und einem Budget von 3,2 Milliarden Euro ist das Innenministerium das größte und von seinen Aufgaben her eines der wichtigsten Ressorts: Zu diesen gehört vor allem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit – mit allen Konsequenzen. Hier laufen eine Unmenge sensibler Informationen zusammen, es gibt viele Ermittlungen, von denen auch Politiker und Parteien betroffen sind.

Das würde nach einem souveränen Politiker mit ruhiger Hand und langem Atem verlangen, der versucht, die Parteipolitik vom Ressort fernzuhalten. Solche Politiker gibt es erstens selten, zweitens sind sie gar nicht erwünscht, weil sie nicht liefern, was der Partei- und Regierungschef sich erwartet.

Tatsächlich bräuchte es einen parteifreien, einen unabhängigen Innenminister, so unabhängig, wie auch der Justizminister sein sollte. Es bräuchte eine Person, die das Amt nicht für Parteipolitik und Stimmungsmache missbraucht, die ihr Fähnchen nicht in den Wind hängt, sondern eine objektive und transparente Personalpolitik betreibt und effizient an Lösungen arbeitet, ohne mit den Problemen hausieren zu gehen. Das setzt einen souveränen und mutigen Regierungschef voraus, der eine solche Person einsetzt, ihr Vertrauen schenkt und sie gewähren lässt. So weit sind wir noch nicht. (Michael Völker, 31.7.2019)