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Lange erwarteter Schritt: Die Fed senkt den Leitzinssatz.

Foto: REUTERS/Brendan McDermid

Dass Donald Trump mit diesem Ergebnis nicht zufrieden ist, war zu erwarten. Zwar hat Jerome Powell, Chef der Notenbank Fed, am Donnerstag die von ihm geforderte Zinssenkung durchgeführt, aber nicht in dem vom US-Präsidenten erhofften Ausmaß. Geworden ist es bloß ein kleiner Zinsschritt um einen Viertelprozentpunkt auf die nunmehr geltende Spanne des Leitzinses von zwei bis 2,25 Prozent.

Powell sagte nach der ersten US-Zinssenkung seit mehr als zehn Jahren, dass dies nicht der Beginn eines längeren Zinssenkungszyklus sei. Darauf tauchte die Wall Street deutlich ins negative Terrain ab. Mit der Erklärung, angemessen handeln zu wollen, um das Wachstum zu stützen, ließen sich die Währungshüter aber doch eine Hintertür für weitere Zinsschritte offen.

Reaktion auf Handelskrieg

Im Streit mit dem US-Präsidenten erklärte der Fed-Chef am Mittwoch, dass die Zinssenkung eine Reaktion auf Trumps aggressive Handelspolitik sei. "Die von Handelsfragen bestimmte Unsicherheit war größer als erwartet", sagte Powell. Besonders der Handelskrieg zwischen den USA und China, den beiden größten Volkswirtschaften, droht die Konjunktur zu bremsen.

Die Entscheidung sei eine Absicherung, um sicherzustellen, dass globale Risiken nicht das weitere Wachstum der US-Wirtschaft bremsen, erklärte Powell. Die Notenbank signalisierte auch die Möglichkeit weiterer Zinssenkungen. Es gehe darum, "angemessen zu handeln", um den seit zehn Jahren anhaltenden Aufschwung der US-Wirtschaft "zu erhalten", sagte Powell. Zudem werde die Bank die Drosselung ihres Anleihenprogramms schon im August beenden, zwei Monate früher als geplant, erklärte die Fed weiter. Weitere Zinssenkungen werde es aber nicht geben.

Trump war nicht zufrieden

Wenige Stunden nach der Zinsentscheidung twitterte Trump, Powell habe das Land im Stich gelassen. "Was der Markt hören wollte von Jay Powell und der Fed, war, dass dies der Beginn eines langatmigen und aggressiven Zinskürzungszyklus werden sollte, damit wir Schritt halten können mit China, der Europäischen Union und anderen Ländern auf der Welt."

Trump wettert seit Monaten öffentlich gegen den Kurs der Notenbank und fordert niedrigere Zinsen. Er bezeichnete die Fed dabei etwa als "völlig ahnungslos" oder als "hartnäckigstes Problem" der US-Wirtschaft. Ein Novum. Zuvor war es undenkbar gewesen, dass ein US-Präsident einen Notenbankchef wiederholt öffentlich wegen seiner Geldpolitik mit solchen drastischen Worten maßregelt.

Zwei Gegenstimmen

Auch wenn Powell die Unabhängigkeit der Fed wiederholt betonte, wirkt es doch, als wäre er vor Trump in die Knie gegangen – auch wenn er seinen Forderungen nur zum Teil entsprochen hat. Umstritten ist, ob eine geldpolitische Lockerung in den USA überhaupt nötig war, zumal es im Zinsgremium der Fed auch zwei Gegenstimmen gegen den Beschluss gab. Sicher ist: Trump will den Rückenwind einer brummenden Wirtschaft für eine mögliche Wiederwahl im nächsten Jahr nutzen. Da die wachstumsfördernden Effekte seiner Steuersenkung sukzessive abebben, soll nun offenbar eine gelockerte Geldpolitik für einen weiteren Schub sorgen.

Dabei hält der aktuelle US-Konjunkturzyklus ohnedies bereits deutlich länger an als die vorherigen – und zeigt keine offensichtlichen Ermüdungserscheinungen. Im zweiten Quartal wuchs die US-Wirtschaft um 2,3 Prozent, und die Arbeitslosigkeit lag im Juni bei nur 3,7 Prozent. Dementsprechend gut ist auch die Stimmung der Verbraucher, die über ihren privaten Konsum etwa zwei Drittel zur US-Wirtschaftsleistung beisteuern.

Auffallend ist auch ein Unterschied zu vergangenen Zinswenden. Diesmal erfolgt die Absenkung mitten in einem Höhenflug der Wall Street, der Dow-Jones-Index notiert auf Tuchfühlung mit seinem Rekordhoch. Im Gegensatz zur ersten Zinssenkung nach dem Platzen der Internetblase der Jahrtausendwende und jener im Zuge der aufkeimenden Finanzkrise: Damals befanden sich die US-Börsen längst im Sinkflug und preisten die folgenden Rezessionen ein. Eine solche ist derzeit nicht in Sicht – sofern Trump seine Handelskonflikte nicht auf die Spitze treibt. (aha, red, 1.8.2019)