Es geht ein "Polit-Ruck" durch die Medienbranche, wenn Helmut Brandstätter zu "Fellner live!" kommt. Als "Kurier"-Herausgeber ließ Brandstätter doch keine Gelegenheit aus, die Geschäftsmethoden der Fellner-Familie zwischen Inseraten-Akquise und Berichterstattung und ihre Art des Journalismus als, sagen wir vorsichtig, unlauter zu brandmarken. (Brandstätter hat das noch etwas präziser formuliert, das Klagsrisiko ist da allerdings doch deutlich erhöht.)

"Ich will nicht sagen ... unanständig"

Niki Fellner versucht eine kleine Revanche über Geld und Anstand: Hans Peter Haselsteiner habe doch den Neos fast zwei Millionen Euro gespendet, "das ist ja nicht wenig Geld": "Ist das nicht ein bissel, irgendwie ... ich will nicht sagen unanständig, aber hat das nicht einen komischen Beigeschmack?"

"Ist das nicht ein bissel, irgendwie ... ich will nicht sagen unanständig, aber hat das nicht einen komischen Beigeschmack?", fragte Niki Fellner.
Foto: Screenshot Oe24.at

Brandstätter sieht das nicht so – Haselsteiner habe das immer offen gesagt. Unanständig findet er vielmehr die verdeckten Spenden an die ÖVP. Was könne Haselsteiner schon von einer Fünfprozentpartei erwarten, doch wohl keinen Auftrag. "Einen Auftrag nicht, aber andere Abhängigkeiten, die da entstehen könnten", sagte Fellner. Brandstätter: "Ich wüsste nicht, welche." Fellner: "Sie sehen da überhaupt kein Problem?" Brandstätter verneint – und verpasst, soweit nachzusehen, eine Chance auf einen Konter live auf oe24.tv.

Interventionen bei "Kurier"-Eigentümern

Niki Fellner freut sich besonders, dass jener Mann da ist, der doch selbst als Journalist Politikern abgeraten hat, ins Fellner-Fernsehen zu gehen. Stimmt nicht, widerspricht Brandstätter gleich. Fellner will das lieber später klären.

Brandstätter hat kurz vor seinem Wechsel in die Politik noch ein Buch herausgegeben, in dem er Interventionen und Interventionsversuche insbesondere von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinem Team schildert, auch bei den Eigentümern des "Kuriers", wohl insbesondere Raiffeisen. Brandstätter verneint aber bei Fellner trotz der beklagten Unzufriedenheit der Kurz-ÖVP mit seinem redaktionellen Tun, dass seine rasche und vorzeitige Ablöse als "Kurier"-Chefredakteur im Sommer 2018 auf solche Interventionen zurückzuführen wäre.

"Ich hoffe, das ist bei euch auch so"

Warum war Brandstätter bei Fellner? Es war zum Beispiel eine schöne Gelegenheit, einen Fellner darauf hinzuweisen, dass es im "Kurier" ein Redakteursstatut gibt. Und dass dieses Statut Chefredakteuren untersagt, Geschichten umzuschreiben (vielleicht erscheinen nicht alle). Und Fellner lächelnd ins Gesicht zu sagen: "Ich hoffe, das ist bei euch auch so" mit dem Umschreiben.

"Ich hoffe, das ist bei euch auch so" mit dem Umschreiben: Brandstätter bei Niki Fellner.
Foto: Screenshot Oe24.at

"Sie haben nie eine Geschichte umgeschrieben?", staunt Niki Fellner. "Nein, natürlich nicht", erklärt ihm Brandstätter. "Verstehe", sagt Fellner darauf.

Brandstätter räumt ein: "Ich habe am Anfang eine Schlagzeile leicht verändert. Und bin dann sehr deutlich aufmerksam gemacht worden, dass auch das nicht zulässig ist. Ich habe das gerne zur Kenntnis genommen."

"Aber Sie dürfen schon als Chefredakteur entscheiden, was im Blatt ist?", fragt Fellner. "Ich kann die ganze Geschichte rausnehmen", sagt Brandstätter, "aber ich darf sie nicht umschreiben."

Interessante Bücher gelesen

Was kann man aus dem Auftritt Brandstätters bei Fellner noch lernen? Als Politiker nimmt Helmut Brandstätter die Gelegenheiten wahr, auch kleinere Publika zu erreichen, die vielleicht nicht so oft mit einem "Kurier"-Herausgeber oder den Neos in Kontakt kommen.

Und man kann lernen, was ein "Kurier"-Herausgeber so tut. Brandstätter: "Ich war sehr gerne Herausgeber des 'Kuriers'. Ich habe sehr interessante Bücher gelesen, sehr interessante Geschichten geschrieben."

"Hohes Haus" vs. Neos-Mandat

Kein Problem sieht Brandstätter übrigens auch darin, dass seine Frau das ORF-Parlamentsmagazin "Hohes Haus" moderiert, wenn er im Nationalrat sitzt – solange das offengelegt und transparent sei. ORF-Stiftungsratschef Norbert Steger bezeichnete das als "unvereinbar". Brandstätter hält dagegen mit der Frage, ob Steger womöglich im ORF für seine Tochter, Abgeordnete der FPÖ, interveniert hat. Das sei doch "völlig unvereinbar".

Der "Polit-Ruck" war übrigens nur ein Fehler auf oe24.at: Neos-Kandidat Helmut Brandstätter nennt den Stiftungsratsvorsitzenden einen "Polit-Ruck". Gemeint war vermutlich "Politruk". (fid, 1.8.2019)