Johnson und Javid planen mehr Geld für das Schreckensszenario vieler Politiker und Ökonomen.

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London – Großbritannien stellt unter dem neuen Finanzminister Sajid Javid noch mehr Geld für den Fall eines ungeregelten Brexits zur Verfügung. Zusätzlich stehen nun 2,3 Milliarden Euro bereit, um das Land auf dieses Szenario vorzubereiten.

Der neue Premierminister Boris Johnson hat zuletzt deutlich gemacht, die EU notfalls auch ohne Scheidungsvertrag Ende Oktober verlassen zu wollen. Das dürfte die Wirtschaft schwer in Mitleidenschaft ziehen und auch viele andere Länder treffen.

Optimale Vorbereitung

Eine optimale Vorbereitung sei jetzt entscheidend, sagte Javid: "Wenn wir keinen guten Deal bekommen, müssen wir ohne gehen." Die finanziellen Mittel für Vorbereitungen in diesem Jahr würden verdoppelt. Insgesamt hat das Finanzministerium damit für das laufende Haushaltsjahr 4,7 Milliarden Euro eingeplant, um auf einen No-Deal-Brexit vorbereitet zu sein.

476 Millionen Euro sollen eingesetzt werden, um für ausreichend Medizin zu sorgen, etwa durch zusätzliche Frachtkapazitäten, Lager und Vorräte. Knapp 400 Millionen wandern in die Grenzsicherung, da die 500 bereits versprochenen zusätzlichen Grenzbeamten abermals um 500 Personen aufgestockt werden sollten. Rund 1,1 Milliarden Euro werden zur Verfügung gestellt, damit sich Schottland, Wales und Nordirland besser vorbereiten können. Einer der Knackpunkte dürfte die Grenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland werden, an der Kontrollen drohen, die dann den Warentransport verlangsamen und verteuern.

Labour sieht "Geldverschwendung"

Die oppositionelle Labour-Partei sieht eine "schockierende Geldverschwendung". Schattenfinanzminister John McDonnell sagte: "Diese Regierung hätte ein No-Deal-Szenario ausschließen und diese Milliarden für Schulen, Spitäler und Menschen ausgeben können."

Laut dem "Guardian" berichten Insider, dass die Finanzrücklagen auch deshalb so hoch ausfallen, weil zahlreiche Unternehmen den Ernst der Lage verkennen und sich nicht ausreichend auf ein No-Deal-Szenario vorbereiten würden.

Industrieproduktion schrumpft

Indes setzen der nahende Brexit und die schwächere Weltkonjunktur der britischen Industrie zu. Deren Produktion schrumpfte im Juli so stark wie zuletzt vor sieben Jahren, geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Unternehmensumfrage des Instituts IHS Markit hervor.

"Im Juli erstickte die britische Industrie unter dem Druck des langsameren globalen Wirtschaftswachstums, der politischen Unsicherheit und der Auflösung früherer Brexit-Lagerbestände", sagte Markit-Ökonom Rob Dobson. "Kunden verzögerten, stornierten oder verlegten Aufträge außerhalb Großbritannien, was zu einem weiteren Rückgang der Neuaufträge aus dem In- und Ausland führte." (red, APA, 1.8.2019)