Väter, die ihre Töchter mögen und ihnen auch noch "die Welt der Männer" nahebringen. Reicht das für Applaus?
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"Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer hat bekanntlich seit einigen Jahren einen Fokus. Der liegt auf dem Kampf gegen den politischen Islam, und diesen versteht sie in einem sehr umfassenden Sinn. Das Kopftuch gehört für sie ganz zentral dazu, die Stimme der Trägerinnen spielen für sie keine Rolle. Männer mit Migrationsgeschichte scheinen für Schwarzer wie auch für die "Emma" das zentrale Problem schlechthin des hiesigen Patriarchats zu sein. Versuche, strukturelle Diskriminierung zu fassen, verlacht Schwarzer als gespreizte Gender-Theorie, deren Vertreter keine Ahnung von den "echten Probleme" hätten – und das seien ihrer Meinung nach eben Männer mit Migrationshintergrund. Jeglicher Differenzierungsversuch wird als falsch verstandene Toleranz und "Angst vor Rassismusvorwürfen" beiseitegeschoben. Nun, um Rassismusvorwürfe sollte man sich tatsächlich Sorgen machen, doch stattdessen bemüht man sich um Reputation des "vielgescholtenen weißen Mannes", wie ein Aufruf der "Emma"-Redaktion zeigt.

Die "Emma" sucht für eine Porträtreihe "Vatertöchter". Unter diesem seltsamen Schlagwort sollen sich Töchter melden, die sich mit ihrem Vater porträtieren lassen. Die Anforderungen für das Duo lassen den Verdacht aufkommen, dass zuletzt so wenig von Schwarzer über Frauenhass von Menschen außerhalb der arabischen Welt und ohne Migrationsgeschichte zu hören war, weil ihre Latte für sie und die "Emma" offenbar verdammt niedrig liegt. Denn qualifiziert für ein Porträt sei ein Vater schon dann, wenn es okay für ihn gewesen sei, dass sein Kind weiblichen Geschlechts ist. Es gibt also auch die Guten, und damit meint "Emma" wortwörtlich tatsächlich jene, "für die eine Tochter so viel Wert ist wie ein Sohn". Väter, die die Tochter ermutigen, sich auch die Welt der Männer zu erschließen.

Dafür müssen wir Männer loben? Sicher nicht. Damit schreibt man sich vielmehr ins letzte Jahrhundert zurück und schraubt den Anspruch auf ein lächerliches Minimum hinunter: Liebe Männer, die ihr alle nicht daran verzweifelt, eine Tochter zu haben, bitte melden – dafür gibt es Extraapplaus. "Vatertöchter" klingt zudem nach einer Ära, in der alles Männliche zur Aufwertung dient, und die Rede von der "Welt der Männer" danach, als ob die Welten der "Frauen" und die der "Männer" noch immer hermetisch voneinander getrennt wären.

Es ist längst keine wild avantgardistische, abgehobene Gender-Theorie mehr, dass das mit der "Welt der Männer" ein Problem ist und dass es die klügere Idee ist, dass alle Geschlechter – ja, es sind mehr als zwei – in ein und derselben Welt leben sollten. Wir haben nur die eine, und es wäre eine Welt von gestern, wenn wir Männern dafür gratulieren müssten, keine radikalen Sexisten zu sein.

Vermutlich wird die "Emma" zumindest einen muslimischen Vater auswählen – doch fest steht: Seine Tochter wird kein Kopftuch tragen. Sie zählen sicher nicht zur Kategorie "Vätertöchter". Da kann sich der Vater noch so viel freuen, dass er eine Tochter hat, die Tochter sich noch so emsig "die Welt der Männer erschließen" – was auch immer das heißen soll. Denn das letzte Wort wird die "Emma" haben. (Beate Hausbichler, 7.8.2019)