APA/Barbara Gindl

Jede Wählerin, jeder Wähler in diesem Land hat das Recht auf die erfahrungsgestützte Meinung, Herbert Kickl ist als Innenminister untragbar und darf auf diesen Posten nicht mehr zurückkehren. Nur einer nicht. Was der gewesene und Möchte-gern-wieder-Kanzler Sebastian Kurz mit seiner Ankündigung offenbart, Kickl habe keinen Platz mehr in einer von ihm geführten Regierung, ist kein Zeichen von Stärke oder gar ein solches für eine menschlichere Migrationspolitik, sondern eher schamloser Opportunismus, der die Widersprüchlichkeit seines nur auf sich ausgerichteten Handelns rechtzeitig vor den Wahlen aufzeigt. Jetzt will er den Applaus, den er sich vor siebzehn Monaten für die Installierung Kickls gutgeschrieben hat, für dessen Erledigung noch einmal kassieren.

Populistischer Spekulationsgewinn

Kein Grund, die FPÖ oder Kickl zu bedauern. Aber er war auf Ibiza nicht dabei und hat als Innenminister das abgeliefert, was von ihm erwartet wurde, vor allem das, was Kurz als populistischen Spekulationsgewinn aus dessen Flüchtlingspolitik gern und kräftig mit einkassiert hat. Dabei hat er hin und wieder ein Schnoferl gezogen, aber Kickl bei allen parlamentarischen Misstrauensanträgen seines Kanzlervertrauens versichert. Der spürt nun, was dieses wert ist.

Die Behauptung, Kickl sei ablösereif gewesen, weil ihm eine Aufklärung des blauen Ibiza-Skandals nicht zuzutrauen gewesen sei, hat alles für sich. Sie entbehrt aber jeder Glaubwürdigkeit aus dem Munde eines Regierungschefs, der ihm die Aufklärung des BVT-Skandals überlassen hat. Kickl ist Innenminister geworden, weil Kurz anders nie Kanzler geworden wäre. Er ist Innenminister gewesen, seit Kurz sich stark genug fühlt, ohne diesen zivilisatorischen Ballast wieder Kanzler zu werden und seiner Partei das Innenministerium zu sichern. Und wenn er dazu seine Mär von der wunderbaren türkis-blauen Zusammenarbeit Lügen strafen muss.

Kurz in Erklärungsnot

Mit Klügerwerden oder gar mit politischem Anstand hat das alles nichts zu tun. Wie Kurz in Erklärungsnot um sich zu schlagen bereit ist, hat er auch in der Schredder-Affäre bewiesen, als er sie mit Beamten zu erklären versuchte, bei denen "oftmals die Parteiloyalität höher ist als die Lust, der Republik zu dienen". Ein Bundeskanzler, der sich nicht scheut, um Verantwortung von sich und dem politischen Klüngel in seinem Ressort abzuwälzen, öffentlich und ohne Ursache als Beamtenvernaderer zu agieren, ist nicht nur eine ärarische Novität in der Geschichte der Republik, er wirft damit auch die Frage auf, wie sehr bei ihm die Parteiloyalität höher ist als die Lust, der Republik zu dienen. Sie bleibt offen, er ließ sich bisher zu keiner Reaktion auf die Proteste der Gewerkschaft herab.

Einen gibt es, der ihn an List und Kühnheit übertrifft. Bei Armin Wolf meinte Norbert Hofer, Strache dürfe zurückkehren, weil alles, was er auf Ibiza von sich gegeben hat, nicht stattfand. Offenbar um ihm die Chance zu geben, das Erträumte, vom "Krone"-Kauf bis zum Wasserverkauf, doch noch in die Tat umzusetzen, soll er nach den Vorstellungen des blauen Parteichefs den Wienerinnen und Wienern als Bürgermeister empfohlen werden. Die werden es hoffentlich zu schätzen wissen. (Günter Traxler, 1.8.2019)