Künftig dürfen saudische Frauen ohne Zustimmung eines Mannes Auslandsreisen antreten. Mittlerweile ist es ihnen auch erlaubt, Berufe zu ergreifen, die bis dahin Männern vorbehalten waren. Von Gleichberechtigung kann aber nicht die Rede sein.

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Riad – Saudi-Arabien hat eine weitere Lockerung der strikten Regeln für Frauen angekündigt. Frauen sollen künftig ohne die Erlaubnis eines Mannes Reisepässe erhalten und ins Ausland reisen dürfen, berichtete die staatliche Zeitung "Umm Al-Kura" am Donnerstag unter Berufung auf einen Regierungsbeschluss. Die neuen Regeln sollen Medienberichten zufolge für alle Frauen über 21 Jahren gelten.

In dem erzkonservativen Königreich benötigen Frauen bisher für Reisen, ein Studium oder die Ausübung bestimmter Berufe die Zustimmung ihres Mannes, Vaters, Bruders oder eines anderen männlichen Verwandten. Dieses Vormundschaftssystem sorgt dafür, dass Frauen ihr ganzes Leben lang den rechtlichen Status einer Minderjährigen haben. International wird das scharf kritisiert, auch in Saudi-Arabien selbst regt sich zunehmend Widerstand.

Im Juli hatte das Gesetz Aufsehen erregt, nachdem Frauen im Ausland um Asyl angesucht und mit den drakonischen Gesetzen argumentiert hatten, die ihre Menschenrechte einschränkten. Für besondere Aufmerksamkeit hatte im Jänner die 19-jährige Rahaf al-Kunun gesorgt, die auf dem Flughafen Bangkok trotz Asylgesuchs fast von saudischen Beamten zur Rückreise gezwungen worden wäre. Sie kam schließlich in Kanada unter.

Nicht ohne Chauffeur

In den vergangenen Jahren hat Saudi-Arabien unter Kronprinz Mohammed bin Salman aber begonnen, die sehr strikten Regeln für Frauen zu lockern. So dürfen Frauen seit Juni 2018 Auto fahren – ein besonders symbolträchtiger Schritt, denn bis dahin war Saudi-Arabien das einzige Land der Welt, in dem Frauen nicht selbst fahren durften. Frauen konnten nur mit einem Chauffeur im Auto unterwegs sein. Wer sich gegen das Verbot auflehnte und doch Auto fuhr, wurde zu mehrtägigen Haftstrafen verurteilt.

Die Erlaubnis zum Autofahren sei "ein Sieg für alle Frauen auf der Welt", sagte damals die Aktivistin und Mitbegründerin der Gesellschaft zum Schutz der Frauenrechte in Saudi-Arabien, Wajeha al-Huwaider.

Keine Gleichberechtigung

Frauen wurde auch erlaubt, Fußballspielen beizuwohnen und Berufe zu ergreifen, die bis dahin Männern vorbehalten waren – eine Liberalisierung, die das Leben vieler Frauen verbessert hat. Dennoch: Von einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist das muslimische Land noch weit entfernt. Schließlich gibt es weiterhin viele strenge Verbote. So wird auch in Zukunft die Zustimmung eines männlichen Vormunds nötig sein, damit Frauen heiraten, eine Gefängnishaft beenden oder Frauenhäuser verlassen dürfen, in die sie eigentlich zum Schutz vor Gewalt männlicher Verwandter geflüchtet sind.

Kritiker sprechen deshalb von lediglich kosmetischen Reformen und fordern, das Vormundschaftssystem komplett abzuschaffen. (red, APA, 2.8.2019)