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Emojis spiegeln auch die sich verändernde gesellschaftliche Realität wider.

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Michael Jeismann, "Die Freiheit der Liebe. Paare zwischen zwei Kulturen". 26 Euro / 350 Seiten. Carl-Hanser-Literaturverlag, München 2019

Foto: Hanser

In die Idee der Liebe hat sich mit großer Wahrscheinlichkeit jedermann (und wohl auch jede Frau) schon einmal verliebt. Kaum eine emotionale Angelegenheit fand derart viel Niederschlag in der Geschichte der Menschheit wie die Liebe. Verlangen und Erfüllung – nicht minder unerfüllte Liebe, Abweisung und Unglück – beseelen wie kein anderes Thema Mythen, Märchen- und Sagenwelten unterschiedlichster Kulturkreise.

Der unbestritten ultimative Topos in der Weltliteratur, in Poesie, Filmen, Liedern bis hin zu den schier endlosen Telenovelas und Twitterias unserer Zeit, ist die Liebe. Respektive die Freiheit der Liebe – und deren Gegenteil: Unfreiheit, Verbot und Verfolgung. Man erinnere sich an Romeo und Julia, an die legendäre Königin von Saba und König Salomo, an Julius Cäsar und Kleopatra, an Ninos und Semiramis, an Gilgamesch und Ischtar, an Seretse und Ruth Khama. Was den Geschichten all dieser Protagonisten gemein ist, liegt auf der Hand: Verbote aufgrund unterschiedlicher Herkunft.

Die erste ausführliche Kulturgeschichte der Paare zwischen zwei Kulturen präsentiert nun Historiker Michael Jeismann. Der 1958 geborene ehemalige FAZ-Journalist und nunmehrige Professor an der Humboldt-Universität beleuchtet historische, kulturelle, ethnische, soziale und religiöse sowie tiefenpsychologische Komponenten "jener, die sich über Grenzen hinweg gefunden haben". Jeismann beleuchtet dabei Erkenntnisse von Evolutionsforschern wie Charles Darwin oder Geoffrey Miller über Selektion und Sexualität gleichermaßen wie politische Ideologien, die Separation vorgeschrieben und "gemischte Paare" verboten haben.

Angst und Vorurteil

Von Angst und Vorurteilen, von Kontrollverlust und Kulturentwicklung war die Rede. Von Reinheit und Unreinheit. Der 1958 Geborene beschreibt das System der Apartheid, die Rassengesetze von Nürnberg des verbrecherischen Naziregimes, die Gräuel der Antike, Sklaverei und des Kolonialismus, willkürliche Grenzziehungen, aber auch (wechselseitige) Ressentiments gegenüber der sogenannten "Multikultigesellschaft".

So selbstverständlich heute die Proteste der Bürgerrechtsbewegung in den USA gegen Rassendiskriminierung erscheinen, so alltäglich ist (auch heute noch) Intoleranz und Diskriminierung. "Das Recht zu heiraten, wen man will, ist ein elementares Menschenrecht", forderte einst Hannah Arendt. "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren", lautet Artikel 1 der 1948 unterfertigten Charta der Menschenrechte.

In Artikel 16 heißt es explizit: "Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden." So weit die Theorie. Die Praxis aber sieht in weiten Teilen der Welt meist anders aus. Nicht immer geht die Diskussion so glimpflich aus wie bei Sidney Portier und Katherine Hepburn in Rat mal, wer zum Essen kommt. Verbot und Verfolgung bis zum Tod sind oft die Folge. Im Sinne einer aufgeklärten, offenen, freien Gesellschaft sollte man daran arbeiten, dass die Freiheit der Liebe Realität wird – und die Idee der Liebe nicht zur Utopie verkommt ... (Gregor Auenhammer, 5.8.2019)