Philippa Lovrek ist Ernährungswissenschafterin und Gründerin der Basenbox, eines Essenslieferservice in Wien. Österreichweit hat sie eine Vertriebsschiene bei Spar gestartet.

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Was basisches Essen ist? Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, hochwertige Öle. Nicht-basisch sind Fleisch, Milchprodukte, Weißmehl, Salz und Zucker.

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STANDARD: Essen ist ein weites Feld. Was ist aus ernährungswissenschaftlicher Sicht gesund?

Lovrek: Es gibt selbstverständlich viele Arten, dem Körper Energie zuzuführen. Und ich möchte auch nicht behaupten, dass es die eine richtige Ernährung gibt. Sogar die Ernährungswissenschaft tut sich schwer. Aus dem, was ich an der Uni gelernt habe, habe ich eine für mich logische Ernährungsform entwickelt.

STANDARD: Nach welchen Kriterien?

Lovrek: Die Nährstoffdichte schien mir ein gutes Kriterium zu sein. Je mehr Nährstoffe in einem Lebensmittel enthalten sind, umso besser für den Organismus. Das ist bei basischer Ernährung der Fall. Viel Gemüse, Obst, Vollkorn und gute Öle.

STANDARD: Was, im Umkehrschluss, hat wenige Nährstoffe?

Lovrek: Zucker zum Beispiel oder Fertiggerichte, denen sämtliche Nährstoffe entzogen worden sind. Das sind leere Kalorien.

STANDARD: Basische Ernährung, was ist das genau?

Lovrek: Es werden Lebensmittel vermieden, die viel Säure im Körper produzieren. Das ist bei Fleisch und Milchprodukten der Fall. Man spürt es als Sodbrennen.

STANDARD: Lässt sich diese Übersäuerung auch objektiv messen?

Lovrek: Theoretisch schon. Man müsste vor und nach jeder Mahlzeit den Harnsäurewert im Urin messen, das geht mit einem Harnstreifentest – und das über einen längeren Zeitraum. Aber darum geht es auch nicht. Mit der Ernährung lässt sich der pH-Wert im Körper nicht verändern. Zudem ist es so, dass jedes Organ einen anderen pH-Wert hat. Wer sich basisch ernährt, der bekommt ein anderes Körpergefühl. Und man nimmt auch automatisch dabei ab.

STANDARD: Ist basische Ernährung eine Fastenkur?

Lovrek: Nein, das Abnehmen ist ein Nebeneffekt. Es gibt stets ausreichende Portionen. Wenn man sich konsequent basisch ernährt, merkt man, wie sich das Körpergefühl verändert. Die Haut verändert sich, man steht morgens leichter auf. Und das ist auch theoretisch die Chance, eine nachhaltige Umstellung zu schaffen. Es muss ja nicht immer radikal und für immer sein.

STANDARD: Wie kann es sein, dass Abnehmen ein Nebeneffekt ist?

Lovrek: Ernährung ist immer nur ein Teil und steht im Zusammenhang mit vielen anderen Dingen. Ganz besonders ungesund ist zum Beispiel auch Stress. Auch Stress erzeugt Säuren im Körper, und deshalb bildet der Körper eher Fettpölster, um die Organe zu schützen. Viel Stress, viel Fastfood, wenig Bewegung: Wer in dieser Spirale drinnen ist, sollte versuchen rauszukommen.

STANDARD: Viele nervt das Getue ums Essen. Sie sagen: Früher haben wir auch alles gegessen und auch kein Problem gehabt.

Lovrek: Früher gab es aber einfach auch nicht so viele dicke Menschen. Adipositas ist ein Riesenproblem. Und außerdem war früher auch die Qualität der Nahrungsmittel anders.

STANDARD: Inwiefern?

Lovrek: Es ist ja nicht so, als ob Düngemittel oder Glyphosat keine Spuren in unserem Essen hinterlassen würden. Eine Kartoffel zu Großmutters Zeiten hatte sicher mehr Nährstoffe als eine, die heute in einem ausgelaugten Boden in Monokultur gezogen wurde. Es geht immer darum, sich die gesamte Nahrungskette anzusehen. Das gilt auch für Milchprodukte.

STANDARD: Was ist an Milch problematisch?

Lovrek: Das Übermaß, und die Massenproduktion. Da wird die Milch von tausenden Kühen zusammengeleert, pasteurisiert oder entfettet und in Tetrapacks abgefüllt. Es geht bei gesunder Ernährung auch darum, darauf zu achten, woher das Essen kommt.

STANDARD: Ist eher zeitintensiv.

Lovrek: Auch Kochen braucht Zeit. Aus diesem Zeitmangel haben wir ja auch die Idee der Basenbox entwickelt. Wir versorgen Menschen, die sich gesund ernähren wollen, mit drei Mahlzeiten am Tag. Wir übernehmen das Einkaufen und Kochen sozusagen.

STANDARD: Und man wird satt?

Lovrek: Ja, es sind große Portionen – und wer wirklich noch Hunger hat, dem empfehlen wir einen Salat oder Obst dazu. Beschwerden, nicht satt zu werden, hatten wir bisher kaum.

STANDARD: Wie kann es sein, dass Basenbox Fertiggerichte macht?

Lovrek: In unseren Suppen und Porridges sind weder Konservierungs- noch Geschmacksverstärker drinnen. Wir verwenden nur natürliche Inhaltsstoffe. Es geht nicht darum, sich sklavisch basisch zu ernähren. Es reicht, dass man lernt, darauf zu achten, was einem guttut. Jeder gesunde Bissen ist etwas wert. (Karin Pollack, 10.8.2019)