Brigitte Eggler-Bargehr: Kontrolle war mangelhaft.

Foto: Landes-Rechnungshof

Bregenz – Die Integra ist ein Tausendsassa bei der Beschäftigung und Qualifizierung benachteiligter Menschen in Vorarlberg. Sie betreibt Postshops, Secondhand-Läden, Gastro- und Handwerksbetriebe, bietet Dienstleistungen wie Nähen, Gartenpflege, Umzugsservice, Autowäsche an. Der Laden rennt, seit 2013 zwei sozialökonomische Betriebe zu einem verschmolzen wurden. 15 Millionen Euro Umsatz schrieb man im Vorjahr, machte ein Plus von 117.000 Euro.

Alles paletti, könnte man meinen. Wäre da nicht ein Prüfbericht des Landesrechnungshofs. Der stellt Geschäftsführern und Gesellschaftern ein schlechtes Zeugnis aus. Signifikante Lücken in der Kontrolle, Buchführung mangelhaft, Missstände und Auffälligkeiten ergab die Prüfung von Kontrollsystem, Buchführung und Organisation der gemeinnützigen Gesellschaft Integra. Nicht Gegenstand der Prüfung war die Verwendung von Fördergeldern, die vom Arbeitsmarktservice, Land und Bund kommen.

Millionenbetrüger als Personalmanager

31 Empfehlungen listet der Rechnungshof auf. "Ein 15-Millionen-Euro-Unternehmen erfordert Professionalität, Hemdsärmeligkeit ist fehl am Platz", sagt Rechnungshof-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr. Ausgelöst wurde die Prüfung, als bekannt wurde, dass die Integra einen Millionenbetrüger mit offener Haftstrafe als Leiter der Personalentwicklung beschäftigte. Der Mann wurde entlassen, muss nun in der Schweiz seine Strafe absitzen.

Rund um die Beschäftigung dieses Mannes ergaben sich zahlreiche Auffälligkeiten, zeigt der Bericht. Großzügige Spesenregelungen, Privatfahrten mit Dienstautos, Entgegenkommen der Geschäftsführung bei der Kündigung fallen darunter. "Aber keine Betrügereien und kein finanzieller Schaden für das Unternehmen", wie Gesellschafter-Vorsitzender Rainer Keckeis, Direktor der AK Vorarlberg, betont. Kompetenzen für die Bereichsleitung habe der Mann aus früheren Tätigkeiten mitgebracht, ist Keckeis überzeugt.

Als die schnelle Karriere des verurteilten Millionenbetrügers zu Beginn des Jahres durch Mitarbeiter, Neos und die SPÖ öffentlich gemacht wurde, versuchten Gesellschafter und Geschäftsführer zu beschwichtigen. Der Mann habe keine Finanzkompetenz und sei nicht in führender Rolle. Eggler-Bargehr widerspricht dieser Darstellung: "Dieser Mitarbeiter hatte einen großen Einflussbereich. Er war Leiter von zwei Bereichen, hatte eine Querschnittsfunktion durch den Bereich Personalentwicklung." Seine Arbeitsfelder betrafen laut der Rechnungshof-Direktorin ein Viertel des Umsatzes und fast die Hälfte der Arbeitsplätze.

Wenig Kontrolle durch Gesellschafter

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte ist mit 38 Prozent Hauptgesellschafterin des Unternehmens, das zu 55 Prozent aus öffentlichen Geldern finanziert wird. Die Kritik des Rechnungshofs konzentriert sich auf fehlende betriebswirtschaftliche Kenntnisse der beiden Geschäftsführer und mangelnde Kontrolle. So habe man die 2013 erfolgte Verschmelzung der Unternehmen Integra und Werkzeit nie in die Praxis umgesetzt. Ein Geschäftsführer wusste nicht, was der andere tat.

Beide hatten weitreichende Kompetenzen wie Einzelzeichnungsberechtigungen. In der Buchführung wurden gravierende Fehler gemacht, Kontrolllücken im Finanz- und auch im IT-Bereich kamen zum Vorschein, der gesetzlichen Verpflichtung, für ein angemessenes internes Kontrollsystem zu sorgen, war die Geschäftsführung nicht nachgekommen. Dass dem Rechnungshof nicht alle oder geschönte Unterlagen vorgelegt wurden, kostete einen der beiden Geschäftsführer bereits den Job. Für eine Kündigung des zweiten sehe man keinen Anlass, sagt Keckeis.

Weiter geht's im Kontrollausschuss

Die Neuorganisation der Firma nach der Fusion war mit der Geschäftsführung vereinbart, wurde aber nie umgesetzt. Keckeis sieht das als Versäumnis der Geschäftsführung, nicht des Kontrollorgans. "Wir waren ja nicht operativ tätig, haben der Geschäftsführung vertraut." Nun sollen die 31 Empfehlungen rasch umgesetzt werden, kündigt Keckeis an. Mit externen Beratern und jährlicher Wirtschaftsprüfung. Und einer kaufmännischen Geschäftsführung. Die Position wurde bereits ausgeschrieben.

Die Opposition sieht nun den Kontrollausschuss des Landtags gefordert. Dort hätten alle Verantwortlichen Rede und Antwort zu stehen, fordern SPÖ und FPÖ. Die Neos wollen auch Konsequenzen bei den Gesellschaftern sehen, denn die Arbeiterkammer habe als Hauptgesellschafterin ihre Aufsichtsfunktion jahrelang vernachlässigt. (Jutta Berger, 2.8.2019)