Eine Gaspipeline in der Kleinstadt Bojarka in der Region Kiew.

AFP/Genya Savilov

Am 16. September soll nach dem Willen der EU-Kommission in Brüssel die nächste Verhandlungsrunde der trilateralen Gaskommission, bestehend aus Vertretern der EU, Russlands und der Ukraine, steigen. Derzeit deutet wenig auf ergiebige Gespräche hin. Russland hat kürzlich einen neuen Vorstoß lanciert, der prinzipiell die alte Position bestätigt: Moskau sei bereit, den "gültigen Vertrag um ein Jahr zu den bestehenden Konditionen zu verlängern", sagte Energieminister Alexander Nowak.

Ein erster, sehr kleiner Schritt des Entgegenkommens. Zuvor hatte Gazprom darauf bestanden, vor Abschluss neuer Verträge alle gerichtlichen Forderungen auszusetzen. Für den ukrainischen Gaskonzern Naftogas hätte das den Verzicht auf 2,56 Milliarden Dollar (2,30 Milliarden Euro) bedeutet, die ihm das Stockholmer Schiedsgericht im Streit mit Gazprom zugesprochen hat. Prinzipiell ändert sich an den Gegensätzen freilich wenig. Die Ukraine will langfristig feste Einnahmen. Russland hingegen macht kein Geheimnis daraus, dass es die ukrainische Pipeline lediglich als Übergangslösung bis zur Fertigstellung von Nord Stream 2 sieht, an der auch die OMV beteiligt ist.

Nord Stream 2 erhöht Druck

Deren Verlegung stockt, weil die dänische Regierung immer noch keine Erlaubnis zur Verlegung der Röhren in ihren Gewässern gegeben hat. Daher hat Nord Stream 2 in der vergangenen Woche den juristischen Druck erhöht. Geschäftsführer Matthias Warnig teilte mit, dass das Unternehmen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Änderungen der Energiecharta eingereicht habe, die eine "offensichtliche Diskriminierung einer einzelnen kommerziellen Investition" darstellen. Die Klage wird auch als Signal gegenüber Kopenhagen verstanden, die Entscheidung nicht zu lange hinauszuzögern.

Trotzdem scheinen sich die Hoffnungen der Betreibergesellschaft auf die neue Regierung unter Führung der Sozialdemokraten in Kopenhagen nicht zu erfüllen. Einem Bericht der "Financial Times" zufolge schwinden die Chancen, dass Nord Stream 2 bis Ende August eine Baugenehmigung erhält.

Keine Verlängerung

Damit wächst der Druck auf Moskau bei den Verhandlungen im September. Die ukrainische Seite hat den jüngsten Vorschlag bereits zurückgewiesen. Eine Verlängerung der Verträge sei schon deswegen nicht möglich, weil in der Ukraine inzwischen völlig andere, auf die EU-Normen abgestimmte Gesetze gelten, sagte Naftogas-Direktor Andrej Koboljew. Koboljew spielte damit auf die von Moskau scharf kritisierte Energiecharta der EU an, die unter anderem einen gleichberechtigten Zugang anderer Energieversorger zu den Pipelines fordert.

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Arbeiter bei der Baustelle der Nord-Stream-2-Gaspipeline in Russland.
Foto: Reuters/Anton Vaganov

Auch die EU ist von Moskaus jüngstem Vorschlag nicht begeistert. EU-Energiekommissar Maroš Šefčovič antwortete auf den Vorschlag Nowaks, dass "die Unterzeichnung eines langfristigen Kontrakts im Interesse aller Beteiligten" sei. Dies stärke das Vertrauen in die Zuverlässigkeit Russlands als Lieferant ebenso wie das in die Ukraine als Transitland, meinte er. Mit diesen Worten untermauerte Šefčovič seine Offerte vom Jänner, als er einen neuen Zehnjahreskontrakt vorschlug – der abgelehnt wurde.

Angesichts dieser Ausgangspositionen laufen die Verhandlungen im September mehr und mehr Gefahr, in ein Pokerspiel auszuarten. Den Russen droht ein Einbruch bei den Gaseinnahmen, den Ukrainern der Wegfall der Transiteinnahmen, den Europäern drohen im schlimmsten Fall kalte Füße, wenn keine Lösung gefunden wird. Zumindest äußerlich zeigte sich Šefčovič aber diesbezüglich optimistisch. "Sie können nicht in Verhandlungen gehen, wenn Sie nicht an das Resultat glauben", erklärte der slowakische EU-Kommissar. (André Ballin aus Moskau, 4.8.2019)