Schiebels Drohnen sind international begehrt, die Motive dahinter oft fragwürdig.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wien/Brüssel – Wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner kommenden Ausgabe berichtet, soll der niederösterreichische Drohnenhersteller Schiebel eine unbekannte Stückzahl seines unbemannten Mini-Hubschraubers Camcopter S-100 nach Myanmar geliefert haben, trotz eines bestehendes EU-Embargos, das seit April 2018 nicht nur Waffen und Militärgüter sondern auch Exporte, die militärisch oder zivil genutzt werden, umfasst. Beim Camcopter S-100 dürfte es sich um ein solch dual-einsetzbares Gerät handeln.

Ein unbemannter Hubschrauber Camcopter S-100 während einer Flugvorführung des Unternehmens Schiebel im April 2019 zum Thema "Erste Hilfe von oben und am Berg"
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Myanmars Militär sowie dessen Grenzpolizei wird vorgeworfen an den zahlreichen Massakern an der muslimischen Minderheit Rohingya beteiligt zu sein. UN-Ermittler und – Offizielle bezeichneten die militärischen Operationen Myanmars wiederholt als "Völkermord".

Schiebel sieht keinen Verstoß gegen EU-Embargo

In einem "profil" vorliegenden Video des Militärsenders MWD vom 24. Dezember 2018 sei zu sehen, wie Soldaten einen Camcopter S-100 steuern. Schiebel beteuert gegenüber dem Magazin, der Käufer des militärisch einsetzbaren Aufklärungshubschrauber habe dem Unternehmen gesagt, die Drohne werde zur "Überwachung und Kartographierung im Bergbau und Straßenbau" eingesetzt und verstoße nicht gegen das noch immer laufende EU-Embargo. Das Wirtschaftsministerium habe die dafür notwendigen Exportlizenzen ausgestellt. Fragen über den Kunden, den Zeitpunkt des Kaufs und die gelieferte Stückzahl beantwortete Schiebel nicht.

Die Sicherstellung der Verwendung erfolge "durch Endverwendungserklärungen", verwies das Unternehmen auf entsprechende Verpflichtungen der Käufer, das Produkt nur zu dem angegebenen Zweck einzusetzen.

Laut "profil" gibt es Hinweise, dass die Camcopter vom einflussreichen Militär Myanmars angeschafft wurden, das auch Bergbauunternehmungen unterhält. Dem Magazin liegt nämlich ein Budgetvorschlag des Verteidigungsministeriums für die Jahre 2018 und 2019 vor, in dem um 27 Millarden Kyat (16 Millionen Euro) gebeten wird, damit eine 30-prozentige Anzahlung für die Camcopter bezahlt werden könne. Damit hätte das Geschäft einen Umfang von rund 50 Millionen Euro gehabt. Zudem hätten sich Generäle aus Myanmar Anfang 2018 auf einer Flugzeugmesse in Singapur über die Schiebel-Drohnen informiert.

Der Rüstungsexperte Peter Wezeman vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI bezeichnete es gegenüber "profil" als "wirklich bemerkenswert, dass ein solcher Export von den österreichischen Behörden erlaubt wurde". Denn schon vor dem Inkrafttreten des verschärften Embargos im April 2018 habe es Exportrestriktionen gegeben, die unter Umständen auch auf den Camcopter S-100 anzuwenden gewesen seien, so Wezeman, der zugleich kein Hehl daraus machte, wie er persönlich das Fluggerät einstuft. "Mir fällt es schwer, ihn als Dual-Use zu klassifizierten, für mich ist er militärisch. Aber das ist Auslegungssache."

Auch in Jemen, China und Libyen im Einsatz

Die Drohne mit einer Reichweite zwischen 80 und 100 Kilometern ist ein weltweiter Verkaufsschlager von Schiebel. Sie wurde aber nicht nur zur internationalen Überwachung des Waffenstillstands in der Ostukraine oder zur Flüchtlingsrettung im Mittelmeer eingesetzt, sondern auch von autoritären Regierungen wie China, Libyen und den Emiraten angeschafft und tauchte auch in Bürgerkriegsgebieten wie dem Jemen auf. Immer wieder gab es auch Berichte über eine mögliche Bewaffnung, die aber von Schiebel "definitiv nicht unterstützt" wird, wie Geschäftsführer Hannes Hecher im Jahr 2017 betonte.

Schiebel will die Drohne nicht als Militärgerät qualifiziert wissen und den Schwerpunkt auf die zivile Nutzung legen. Auf seiner Internetseite stellt das Wiener Unternehmen das Gerät aber weiterhin mit folgenden Worten vor: "Schiebel's Camcopter S-100 unbemanntes Luftsystem (UAS) hat bewiesene Fähigkeiten für militärische und zivile Anwendungen."

EU-Kommission warnt vor Drohnen für Terrorzwecke

Indes warnte die EU-Kommission am Samstag angesichts der rasanten technologischen Entwicklung allgemein vor Drohneneinsätzen für Terrorzwecke. "Drohnen werden immer leistungsstärker und smarter, was sie immer attraktiver macht für eine legitime Nutzung, aber auch für feindselige Akte", sagte EU-Sicherheitskommissar Julian King der Online-Ausgabe der "Welt am Sonntag".

Die EU-Kommission habe die "Bedrohung, wie sie heute erscheint und wie sie künftig aussehen wird, im Blick", sagte der Kommissar aus Großbritannien. Hintergrund sei die rasante Entwicklung der Drohnentechnologie. "Wir unterstützen die EU-Mitgliedsländer dabei, Netzwerke für einen Informationsaustausch aufzubauen, das Engagement auf internationaler Ebene zu verstärken und finanzielle Mittel für Projekte bereitzustellen, die der Abwehr einer Bedrohung durch Drohnen dienen", sagte King.

Wie die Zeitung unter Berufung auf informierte Kreise weiter berichtete, hat die französische Koordinierungseinheit zum Kampf gegen den Terrorismus in einem als geheim eingestuften Bericht unter anderem vor der Gefahr eines denkbaren terroristischen Angriffs auf ein Fußballstadion mittels einer unbemannten Drohne gewarnt, die mit biologischen Kampfstoffen bestückt sei. Das Dokument sei zur Vorbereitung des im Dezember 2018 vorgelegten Abschlussberichtes des Sonderausschusses Terrorismus im EU-Parlament erstellt worden. (red, APA, 3.8.2019)