Der Planet WASP-121b ist von dem Stern, um den er kreist, in mehrfacher Weise gezeichnet.
Illustration: NASA, ESA, J. Olmsted (STScI)

Washington – Erst der Blick über den Tellerrand unseres Sonnensystems hat uns gezeigt, dass die uns vertrauten Planetenverhältnisse keineswegs die einzig möglichen sind. In anderen Sternsystemen können Supererden, Wasserwelten und andere Planetentypen, für die es in unserem System keine Entsprechung gibt, ihre Bahnen ziehen.

Und auch die Verteilung, die wir gewohnt sind, kann ganz anders aussehen. Unser Heimatsystem gliedert sich in das innere Sonnensystem mit den kleinen Gesteinsplaneten und das äußere Sonnensystem mit den Gas- und Eisriesen. Jupiter als innerste der Gaswelten ist bereits fünfmal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde (der dazwischenliegende Mars als äußerste Gesteinswelt ist uns mit dem 1,3- bis 1,6-fachen Abstand zur Sonne bedeutend näher).

Ein Jahr ist wie ein Tag

Doch nicht alle Gasriesen halten einen derartigen Respektabstand zu ihrem Mutterstern ein. Die Entdeckung von immer mehr Exoplaneten brachte die Erkenntnis mit sich, dass Planeten vom Typ "Heißer Jupiter" in der Galaxis durchaus weit verbreitet sind. Es sind Gasriesen, die den Jupiter an Größe sogar noch übertreffen können – aber auf Orbits kreisen, die noch viel enger sind als der des Merkur. Ein Jahr dauert auf solchen Planeten nur wenige Tage.

Ein rekordverdächtiges Exemplar dieses Typs haben nun Wissenschafter um David Sing von der Johns Hopkins University im "Astronomical Journal" näher vorgestellt, sie sprechen von einem "Ultraheißen Jupiter". Der erstmals 2015 identifizierte Planet WASP-121b braucht für eine Umkreisung um seinen Stern nur 1,27 Tage. Er ist ihm derart nahe, dass seine obere Atmosphäre auf über 2.500 Grad Celsius aufgeheizt wird. Ein solcher Planet sei fast selbst ein Stern, fasst Koautor Drake Deming von der University of Maryland die Temperaturverhältnisse an der Oberfläche von WASP-121b anschaulich zusammen.

Sonne und Jupiter unter ganz anderen Umständen

Der Stern WASP-121, um den diese Höllenwelt kreist, ist knapp 900 Lichtjahre von uns entfernt und im Sternbild Achterdeck des Schiffs (Puppis) am Südhimmel zu finden. Er ähnelt weitgehend unserer Sonne, wie auch der Planet WASP-121b gut mit dem Jupiter vergleichbar ist; seine Masse ist etwa 1,18-mal höher.

Da die beiden Objekte einander aber bedeutend näher sind als Sonne und Jupiter, sieht ihr Zusammenspiel ganz anders aus. Auf den Planeten wirken durch die Gravitation des Sterns so starke Gezeitenkräfte ein, dass er in die Länge gezogen und zur Form eines American Football verzerrt worden ist.

Dazu kommt die enorme Wärmemenge, der er ausgesetzt ist und die ihn laut den Forschern in den oberen Atmosphäreschichten zehnmal heißer macht als jeden anderen bislang entdeckten Planeten. Dadurch widerfährt WASP-121b auch etwas, das man noch nie bei einem Planeten festgestellt hat: Er stößt Metalle wie Eisen und Magnesium in gasförmigem Zustand aus. Möglich wurde diese Erkenntnis durch spektrographische Untersuchungen mit dem Hubble-Teleskop. Das Weltraumteleskop fand die typischen "Fingerabdrücke" der Metalle im Umfeld des Planeten, wenn dieser vor seinem Stern vorbeizog.

Reißender Strom

Dass Heiße Jupiter Metall in ihren Atmosphären haben, wusste man bereits. Doch war dies stets in Form von Wolken, die in tieferen Atmosphäreschichten kondensiert waren. Im Fall von WASP-121b hingegen werden die Metalle vom Planeten fortgerissen. Die hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestehende Atmosphäre des Planeten wird durch den nahen Stern derart aufgeheizt, dass diese leichten Elemente "wie ein Fluss" vom Planeten wegströmen und die Metalle mit sich reißen. "Es ist ein sehr effizienter Mechanismus für den Verlust von Masse", fasst Sing die höllischen Bedingungen auf WASP-121b nüchtern zusammen. (jdo, 5. 8. 2019)