"Ständige Blödheiten" freiheitlicher Politiker hätten ein neues ORF-Gesetz von ÖVP und FPÖ verhindert, beklagte sich der von der FPÖ entsandte ORF-Stiftungsratschef Norbert Steger gerade im Gespräch mit dem STANDARD. Nach der Nationalratswahl kann die FPÖ ihr Parteimandat im Stiftungsrat neu besetzen – und das wird sie voraussichtlich auch tun. Selbst wenn sie damit den Vorsitz im wichtigsten ORF-Gremium verliert.

"Profil" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass die Aussagen im STANDARD Stegers Ablöse nach der Wahl sicher gemacht hätten. FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein kommentiert das auf Anfrage nur allgemein: "Die Zusammensetzung der Gremien – auch des ORF-Stiftungsrats – wird erst nach der Wahl entschieden. Mehr ist dazu nicht zu sagen." Weitere STANDARD-Recherchen in der FPÖ bestätigten die Tendenz, Steger nach der Wahl abzulösen.

"Man kämpft nicht, dass man bleibt." ORF-Stiftungsratschef Norbert Steger im Frühjahr 2019 im Sitzungssaal des wichtigsten ORF-Gremiums.
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"Ständige Blödheiten"

Steger sprach Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD von "ständigen Blödheiten", die einige FPÖ-Politiker "meistens in der 'Krone'" geäußert hätten. Diese "Blödheiten" beschreibt er so: "Wrabetz weg und Wrabetz weg, das ist nicht Politik." Politik wäre, ein "fertiges Gesetz" auch zu beschließen – "und es war wirklich fertig" und die Regierung von ÖVP und FPÖ "so weit, es einzubringen".

Steger nannte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky und FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein, die geglaubt hätten, mit Parolen wie der Abschaffung der GIS-Gebühren die Europawahl zu gewinnen. Dabei habe der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schon abgewunken und erklärt, die Gebühren blieben vorerst.

"Man kämpft nicht, dass man bleibt"

Der frühere FPÖ-Chef (bis Jörg Haider) und Vizekanzler ließ schon am Dienstag durchklingen, dass er sich nicht an die Funktion des ORF-Stiftungsrats klammert: "Man kämpft nicht, dass man bleibt." Aber: "Man will wenigstens von denen gelobt werden, die einen geschickt haben" – also von der FPÖ.

Wie man Stiftungsrat wird – und bleibt

Mitglieder des ORF-Stiftungsrats werden für vier Jahre entsandt:

  • 9 von der Bundesregierung (derzeit nach dem ÖVP-FPÖ-Schlüssel 4:4 plus ein bürgerlicher Unabhängiger),
  • 9 von den Bundesländern (derzeit 6 ÖVP, 2 SPÖ, 1 Unabhängiger aus dem SPÖ-regierten Kärnten)
  • 6 von den Parteien mit Klubstatus im Nationalrat (derzeit 2 ÖVP, je ein Mandat die übrigen vier)
  • 6 vom Publikumsrat des ORF (den der Bundeskanzler mehrheitlich besetzt, derzeit 3 ÖVP, 3 FPÖ)
  • 5 vom Zentralbetriebsrat des ORF (2 SPÖ, 3 Unabhängige).

Wenn sich – insbesondere durch Wahlen – eine der entsendenden Institutionen neu zusammensetzt, kann sie ihre Mandate auch vor Ablauf der vierjährigen Amtszeit neu besetzen. Steger sitzt auf einem Parteimandat der FPÖ, der Nationalrat setzt sich nach der Wahl am 29. September jedenfalls neu zusammen.

Seit der Nationalratswahl und Regierungsbildung 2017 hat die ÖVP die meisten Stimmen im ORF-Stiftungsrat, zusammen mit der FPÖ kommt sie einer Zweidrittelmehrheit sehr nahe. (fid, 4.8.2019)