Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/Wolfgang Rattay

Köln – Die Wucht seiner Worte holt Clemens Tönnies immer wieder ein. Gesagt ist gesagt, das ist dem Schalker Aufsichtsratsvorsitzenden seit seiner rassistischen Entgleisung am Donnerstag unweigerlich bewusst geworden. Das Internet brodelt unaufhörlich, zahlreiche S04-Anhänger fordern den Rücktritt des Klubchefs. Gedankenlosigkeit lässt in Zeiten wachsenden Zuspruchs für rechtspopulistische Partien niemand als Entschuldigung gelten.

"So etwas rutscht einem bei einer offiziellen Rede nicht einfach heraus, da steckt eine hochproblematische Einstellung dahinter", sagte Sylvia Schenk von Transparency International der Welt am Sonntag. Aus Sicht der 67 Jahre alten Juristin sei "tätige Reue mit deutlichen Signalen in Richtung Afrikanern nötig, um wirklich einen Geisteswandel unter Beweis zu stellen."

Auch die Schalker Fans sind sauer.

Auch Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, fordert von Tönnies Taten statt weiterer Worte. "Dass so etwas von jemandem artikuliert wird, der eine herausgehobene Position im Sport innehat, macht die Sache umso schlimmer." Die am folgenden Tag veröffentlichte Klarstellung "durch Herrn Tönnies kann den gesellschaftspolitischen Schaden sicher nicht wettmachen", betonte die SPD-Politikerin.

Rassismus

Fleischfabrikant Tönnies hatte am Donnerstag bei der Festveranstaltung zum "Tag des Handwerks" in Paderborn eine Rede zum Thema "Unternehmertum mit Verantwortung – Wege in die Zukunft der Lebensmittelerzeugung" gehalten. Der Schalke-Boss empfahl dabei die Finanzierung von Kraftwerken in Afrika und sagte laut der Zeitung Neue Westfälische: "Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren."

Der Ex-Kicker Hans Sarpei verurteilt die Aussagen ebenfalls.

Am Freitag bezeichnete der 63-Jährige seine Wortwahl in einer Entschuldigungsbitte als in "Inhalt und Form unangebracht". Tags darauf zeigte sich Tönnies, seit 2001 der starke Mann beim Traditionsklub aus Gelsenkirchen, abermals reumütig. "Ich bin über mich selbst bestürzt, dass mir so etwas passieren konnte. Da hilft kein drum herum reden, da hilft auch keine Verschlimmbesserung, es war schlicht töricht", sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und beteuerte, er werde das "wiedergutmachen". Viele kritisieren dennoch, dass es sich bei einer vorbereiteten Rede, kaum um einen Ausrutscher handeln könne.

Club akzeptiert Entschuldigung

Doch nicht nur Tönnies, der gesamte Klub gab in der Affäre keine gute Figur ab. Der Aufsichtsratschef habe eine "unbedachte Äußerung getätigt und sich heute Morgen prompt entschuldigt. Unsere Gesellschaft funktioniert so, dass sich ein Mensch entschuldigen kann und es danach weiter geht", äußerte Sportvorstand Jochen Schneider am Freitag im Trainingslager der Knappen im österreichischen Mittersill – und löste den nächsten Aufschrei aus.

Wenig später erklärte der Klub in einem offiziellen Statement zur Causa Tönnies: "Seine Aussage steht natürlich in deutlichem Widerspruch zu unserem Leitbild, daher war seine Entschuldigung richtig und wichtig." Nur gut eine weitere Stunde darauf wurde der Schalker Ehrenrat aktiv und ließ verlauten, sich bei der nächsten Sitzung "in der kommenden Woche" mit dem Thema zu beschäftigen. Dem Gremium stehen diverse Sanktionen bis hin zu einer Amtsenthebung Tönnies' zur Verfügung.

Vereinsaustritte

Doch wie wahrscheinlich ist diese? Milliardär Tönnies ist bestens vernetzt und hat viele Deals eingefädelt für seinen Herzensklub, der nach der schwachen Vorsaison mit Platz 14 sportlich darbt und wirtschaftlich keineswegs auf Rosen gebettet ist.

Vielen Fans ist das egal, sie drohen mit Vereinsaustritt, wenn Tönnies bleibt. Auch der ehemalige Schalker Profi Hans Sarpei verurteilte dessen Wortwahl scharf und forderte Konsequenzen. "Es sind rassistische Bemerkungen, die in keinster Weise mit dem Leitbild des FC Schalke 04 oder unserer modernen offenen Gesellschaft vereinbar sind", schrieb der in Ghana geborene 43-Jährige bei Facebook. (sid, red, 4.8.2019)