Imposanter Klang als Verzweiflung: Bariton Matthias Goerne

Marco Borggreve

Die erste Hälfte des Festspielkonzerts der Philharmoniker unter Franz Welser-Möst galt Wagners "Parsifal"-Vorspiel und Strauss' "Tod und Verklärung". Insgesamt war das etwas "perfide" bezüglich der Reihenfolge der Werke: Mit den beiden attacca nacheinander gespielten und damit zu einer einzigen Lichtvision verschmelzenden Stücken wäre fast alles auf der Welt "wieder gut" gewesen.

Delikater lassen sich die Wagner'schen Motive nicht aufdröseln und eins aus dem anderen hervorgehen lassen. Differenzierter kann niemand die effektvolle Strauss'sche Lektion von der "Kunst zu sterben" ausmalen. In lichte Qualitätshöhen stiegen die Wiener unter Welser-Möst in dieser besonderen Stunde auf.

Dann aber Schostakowitschs Vierzehnte: Inspiriert von Modest Mussorgskis "Liedern und Tänzen des Todes" goss Schostakowitsch sein Werk in die Form von elf Orchesterliedern für Sopran und Bariton auf Texten von Garcia Lorca, Apollinaire oder Rilke. Es ist ein nachtschwarzes Opus voller Qualen, ohne einen Funken Hoffnung auf Trost oder gar Erlösung. Es sind elf bizarre Lieder vom "Verrecken".

Selbstmorde einer Schönen

Sie sind gemeint als Erinnerung an die Opfer des Spanischen Bürgerkriegs: Da feiert und säuft der "spanische" Tod mit bizarrer Kastagnetten-Untermalung. Da ist der Selbstmord der schönen "Loreley" (Text Guillaume Apollinaire nach Clemens Brentano), deren Leben die Sopranistin Asmik Grigorian mit traumhafter Ruhe in großen, weiten Bögen erzählt und das vom Orchester mit einem in die Tiefe stürzenden bizarren Fugato exekutiert wird.

Den Gefangenen im "Kerker der Santé" schildert Bariton Matthias Goerne als Verzweifelten, der in der Grube "wie ein Bär" darum ringt, den Verstand nicht zu verlieren. Grigorian, Goerne und die Philharmoniker haben mit Welser-Möst also strahlender Hoffnung deren schwärzeste Negation gegenübergestellt. (Heidemarie Klabacher, 4.8.2019)