Der Leiter der Historikerkommission, Wilhelm Brauneder, stand jahrelang im Dienst der Freiheitlichen Partei.

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Wien – Schon mehrmals wurde die Veröffentlichung angekündigt und bisher immer vertagt. Heute dürfte es so weit sein: In einem Presse-Hintergrundgespräch will FPÖ-Chef Norbert Hofer zumindest Teile dieses Berichts der von der FPÖ eingesetzten Kommission präsentieren. Ob der gesamte Bericht bis vor den Wahlen im September veröffentlicht wird, ist noch unklar.

Der damalige Parteichef Heinz-Christian Strache hat angekündigt, zum Republiksjubiläum im November 2018 ein erstes Zwischenergebnis zu veröffentlichen. Als dies nicht geschah, wurde die Öffentlichkeit bis zum Jahresende vertröstet, dann bis zum Anfang des Sommers. In dieser Kommission will die FPÖ "braune Flecken" in der Partei aufarbeiten. Zur Präsentation um 17.00 Uhr sind einzelne Journalisten geladen.

Liederbuch-Affäre

Eigentlicher Anlass für die Einsetzung dieser Kommission war der Skandal um das Burschenschafter-Liederbuch der Verbindung Germania zu Wiener Neustadt, der auch der damalige niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört hatte. Im Gesangsbuch fanden sich Textzeilen wie "Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million". Nach den Landtagswahlen in Niederösterreich im letzten Jahr wurde die Kommission eingerichtet.

Mehr als 1.000 Seiten soll der gesamte Bericht der FPÖ-Historikerkommission umfassen.
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Umstritten sind bis heute die Besetzung und die Arbeitsweise der Historikerkommission: Als Leiter der Koordinierungsgruppe wurde Andreas Mölzer eingesetzt, der selbst schon öfters wegen antisemitischer und rassistischer Aussagen aufgefallen war. Er selbst bezeichnete die Kommission damals als "taktisches Manöver, um aus den Schlagzeilen zu kommen". Der Leiter der Historikerkommission, Wilhelm Brauneder, schrieb selbst für die mittlerweile eingestellte rechtsextreme Zeitschrift "Aula" und genehmigte als damaliger Dekan der juridischen Fakultät eine Veranstaltung des deutschen Rechtsextremisten Reinhold Oberlercher.

Externe Experten kritisierten die Kommission, da weder Forschungsgegenstand noch der zu untersuchende Zeitraum klar abgesteckt seien. Außerdem haben die Burschenschaften der Kommission den Zugang zu ihren Archiven verwehrt. Keine andere Partei ist derart mit (schlagenden) Burschenschaften verwickelt wie die FPÖ.

Zuletzt begründete Hofer die verzögerte Veröffentlichung damit, dass der Bericht noch von israelischen Historikern sozusagen "approbiert" werden sollte. STANDARD-Recherchen haben ergeben, dass die FPÖ bis dato nur einen einzigen israelischen Wissenschafter kontaktiert haben dürfte.

"Mangelnde Professionalität"

Kurz vor der heutigen Veröffentlichung des Teilberichts äußerte der Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien und Leiter des wissenschaftlichen Beirats des "Haus der Geschichte", Oliver Rathkolb, in einem Kurier-Interview erneut Kritik an der Kommission. Rathkolb bemängelte die vielfache Verschiebung der Veröffentlichung des Berichts, die Nicht-Nennung von den beteiligten Wissenschaftern sowie die Nicht-Einbeziehung von wissenschaftlichen Institutionen. Dies sei für ihn ein "Indikator für mangelnde Professionalität".

Dass die FPÖ zudem "dezidiert auf aktuelle wissenschaftliche Expertisen verzichtet, ist nicht nachvollziehbar", sagt Rathkolb zum Kurier. Und weiter: "So etwas Unprofessionelles hat es noch nicht gegeben. Das ist absolut unüblich und widerspricht den wissenschaftlichen Standards wie Transparenz und Nachvollziehbarkeit."

FPÖ versteht Kritik nicht

Der designierte FPÖ-Parteichef Norbert Hofer sieht bei der aktuellen Kritik des Experten Oliver Rathkolb "parteipolitische Einfärbung". Es sei höchst unseriös, einen Bericht zu kritisieren, der noch gar nicht vorliegt, sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Er finde es "einigermaßen schräg und seltsam", auf etwas zu reagieren, das man noch nicht kennt." (red, 5.8.2019)