Nachdem China den Yuan abgewertet hat, sind die asiatischen Märkte am Montag eingebrochen. Peking dementiert eine Absicht dahinter.

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Peking – Die weltgrößten Wirtschaftsmächte USA und China verschärfen ihren Kurs im Handelsstreit: Die Vereinigten Staaten stuften die Volksrepublik erstmals seit 25 Jahren wieder als Währungsmanipulator ein. China setzte fast parallel den Kauf von US-Agrarprodukten aus.

Die Öffnung ausländischer Agrarmärkte war für US-Präsident Donald Trump zuletzt besonders wichtig und eine Möglichkeit, in den Verhandlungen mit China und der EU schnell Ergebnisse zu erzielen. Der Handelsstreit belastet die Weltwirtschaft immer mehr und setzt auch in den USA die Notenbank unter Druck, ihre Geldpolitik weiter zu lockern.

US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte am Montag in Washington, China verschaffe sich mit einer bewussten Abwertung der Landeswährung Yuan unfaire Vorteile im Welthandel und verstoße gegen Verpflichtungen als Mitglied der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20). Die US-Regierung werde sich an den Internationalen Währungsfonds (IWF) wenden, um gemeinsam gegen diesen unlauteren Wettbewerb vorzugehen. Der IWF wird gerade kommissarisch von einem Amerikaner geleitet, weil die bisherige Chefin Christine Lagarde an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) wechselt.

Vorwurf dementiert

China hat den Vorwurf der USA zurückgewiesen, das Land manipuliere seine Währung. Die jüngste scharfe Abwertung des Yuan sei vielmehr durch den Markt bewirkt worden, heißt es in einer Erklärung der chinesischen Notenbank vom Dienstag. Der Vorwurf der Währungsmanipulation beschädige die internationale Finanzordnung, den Handel sowie die Konjunktur und führe zu Turbulenzen an den Finanzmärkten.

China werde seine Währung nicht aus wettbewerblichen Gründen abwerten oder sie als Instrument im Handelsdisput mit den USA einsetzen, erklärten die Währungshüter. Der Yuan-Kurs werde auf einem angemessenen, ausgewogenen Niveau gehalten. Ähnlich hatte sich am Montag bereits der Chef der chinesischen Notenbank, Yi Gang, geäußert.

Zuvor, nur wenige Tage nach der Ankündigung neuer Strafzölle durch US-Präsident Trump, hat China am Montag mit einer Abwertung seiner Währung gekontert. Das verbessert die Chancen chinesischer Firmen auf dem Weltmarkt und federt die Folgen der US-Strafzölle im Handelskonflikt ab. Ein Dollar kostete erstmals seit dem Jahr 2018 wieder mehr als sieben Yuan. Diese Marke galt unter Experten lange Zeit als rote Linie, die die chinesische Notenbank nicht überschreiten werde.

Währung als Waffe

Der Yuan schwankt nicht gänzlich frei, sondern wird durch die chinesische Notenbank beeinflusst. Sie legt jeden Tag einen neuen Wechselkurs zum Dollar fest. Die Schwankung ist dabei auf zwei Prozent begrenzt.

Dass die chinesische Notenbank es zugelassen hat, dass die rote Linie nun doch überschritten wird, rief bei Analysten Sorgen hervor. Bo Zhuang, Chefökonom bei der Unternehmensberatung TS Lombard, hält es für möglich, dass der Yuan im Laufe des Augusts weiter sinkt, auf 7,25 Yuan pro Dollar. Im kommenden Jahr könne der Kurs sogar die Marke von 7,50 Yuan reißen, sagte er – wenn die USA zurückschlagen und alle Strafzölle auf 25 Prozent anheben.

Doch selbst ein schwacher Yuan kann die Folgen des Handelskriegs nicht komplett ausgleichen, sagt Analyst Tao Wang von der Großbank UBS. Und ein zu schwacher Yuan kann auch die heimische Wirtschaft schwächen – Importe werden dann deutlich teurer für China, etwa das in Dollar abgerechnete wichtige Erdöl. Die Kapitalflucht, die Peking seit 2015 verschärft bekämpft, dürfte damit zudem wieder zunehmen.

Stephen Innes von Vanguard Markets ist überzeugt: Die Zentralbank werde den Yuan nicht zu schwach werden lassen, denn das hätte "schwerwiegende und destabilisierende Folgen für die chinesische Wirtschaft".

Internationale Ordnung gefährdet

Die Volksrepublik wies zudem ihre Unternehmen dazu an, keine Agrargüter mehr aus den USA zu importieren. "Die entsprechenden chinesischen Unternehmen haben den Erwerb von US-Agrarprodukten eingestellt", gab das Handelsministerium in Peking am Dienstag bekannt. Zudem würden nachträgliche Zölle auf seit dem 3. August erworbene Erzeugnisse erwogen. Die Agrareinfuhren hatte China vor einiger Zeit als Zugeständnis zugesagt. Damit sollte der Konflikt abgekühlt werden.

Trump hatte vor wenigen Tagen weitere Strafzölle auf chinesische Waren im Umfang von zehn Prozent und einem Wert von 300 Milliarden US-Dollar (270 Milliarden Euro) angekündigt. Im Falle einer Ausweitung wären faktisch alle chinesischen Einfuhren in die USA mit Strafzöllen belegt. Trump hatte seine Ankündigung auch damit begründet, dass China nicht – wie eigentlich zugesagt – mehr Agrarprodukte aus den USA kaufe.

Wachstum abwürgen

Der Handelskonflikt führte am Montag zu großen Kurseinbußen an den Finanzmärkten. Viele Investoren befürchteten, dass Politiker der beiden Länder mit immer neuen Gegenmaßnahmen reagieren würden – und damit das Wachstum der Weltwirtschaft abwürgen könnten. Die Wall Street verzeichnete bis Montagnachmittag (Ortszeit) einen der schlechtesten Handelstage des Jahres. Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial schloss rund drei Prozent niedriger bei 25.717 Punkten, der Nasdaq-Index verlor fast 3,5 Prozent und schloss bei 7.726 Punkten.

In Asien und Europa hatten die Märkte am Montag ebenfalls nachgegeben – der deutsche Leitindex Dax verlor 1,80 Prozent. Sichere Häfen hingegen konnten zugewinnen: Der Goldpreis war am Montag auf ein neues Sechsjahreshoch gestiegen. Gold gilt traditionell als Krisenschutz, der in unsicheren Zeiten verstärkt nachgefragt wird.

Gefahr für Welthandel

Die EZB warnt vor einer weiteren Zuspitzung der weltweiten Handelskonflikte. Was als Gefahr für den Welthandel gegolten habe, sei in den vergangenen Monaten teilweise Wirklichkeit geworden, hieß es in einer am Montag veröffentlichen Analyse der Euro-Notenbank, die Teil des neuen Wirtschaftsberichts ist.

Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank sagte, die chinesische Zentralbank habe zuletzt bei Eskalationen stets interveniert, auch um die Handelsgespräche nicht zu gefährden. "Diesmal ließ die People's Bank of China den Markt gewähren – vielleicht ein Zeichen dafür, dass Peking kaum noch Hoffnung auf eine baldige Einigung mit den USA hat." Ähnlich äußerte sich die US-Investmentbank Goldman Sachs, die nicht mehr mit einer Lösung des Handelsstreits vor der US-Präsidentschaftswahl im November 2020 rechnet. (red, APA, 5.8.2019)