Abdecken oder zudecken? Das bleibt die Frage bei den Tempo-140-Testtrecken.

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Wien – Seit einem Jahr darf auf zwei Abschnitten der Westautobahn Tempo 140 km/h gefahren werden. Laut einem kürzlich veröffentlichten Gutachten im Auftrag der Asfinag ist die Umweltbelastung auf diesen Strecken nur marginal – um ein bis zwei Prozent – gestiegen. Dem widerspricht die Umweltorganisation Greenpeace vehement: Der Anstieg der CO2-Emissionen sei wesentlich größer als von der Asfinag dargestellt.

Die tatsächliche Zunahme der CO2-Emissionen auf den beiden Teststrecken liege nicht bei 1,2 beziehungsweise 1,6 Prozent, sondern bei 2,5 beziehungsweise 2,6 Prozent, im reinen Pkw-Bereich sogar bei 3,5 beziehungsweise 3,6 Prozent, ergaben Berechnungen von Greenpeace auf Basis der detaillierten Messdaten des 80-seitigen Gutachtens.

"Kreative Interpretation"

Volker Plass, Programmmanager von Greenpeace, kritisierte im APA-Gespräch die "kreative Interpretation" und "fragwürdige Auswertungsmethode" der Gutachter. Mehr als 40 Prozent der CO2-Emissionen auf den beiden Teststrecken seien vom Schwerverkehr, also Lkws und Bussen, verursacht worden, für den nach wie vor Tempo 80 gelte. In der von der Asfinag beauftragten Studie seien die relativ hohen, unveränderten Emissionen des Schwerverkehrs miteinbezogen worden, was die Zunahme der Emissionen bei den schneller fahrenden Pkws und Klein-Lkws anteilig nach unten drücke. "Wenn ich eine Tempoerhöhung erlaube, muss ich die Zunahme der Emissionen jener Fahrzeuge anschauen, die die Tempoerhöhung auch in Anspruch nehmen dürfen. Alles andere ist unseriös", sagte Plass.

Aus Sicht von Asfinag-Chef Christian Ebner ist der Anstieg "vernachlässigbar". "Für die Umwelt ist es unerheblich, ob Pkws 130 oder 140 km/h fahren. Das ist nicht die richtige Diskussion", wird er im aktuellen "Profil" zitiert. 50 Prozent der Schadstoffe würden Lkws verursachen. Deswegen müsse sich die Debatte eher um die Verlagerung des Transports auf die Schiene oder alternative Antriebe für Lkws drehen.

Auflösung gefordert

Die Umweltorganisation sieht den Verkehr als größtes Problemfeld der österreichischen Klimaschutzpolitik. "Wir fordern eindringlich auf, derartige unnötige Experimente einzustellen", forderte Plass in Richtung der künftigen Regierung, die Tempo-140-Teststrecken wieder aufzulösen sowie von einer Ausdehnung auf weitere Bundesländer abzusehen. Das Gutachten der Asfinag zeige, dass die beiden Teststrecken zu einer Zunahme der CO2-Emissionen um fast 5.700 Tonnen pro Jahr geführt haben. Würde man Tempo 140 österreichweit auf zwei Drittel aller Autobahnstrecken ausdehnen, würden die CO2-Emissionen aus dem Autoverkehr nach einer Schätzung von Greenpeace und des Verkehrsclubs Österreich um 100.000 Tonnen pro Jahr zunehmen.

Die beiden Tempo-140-Teststrecken auf der Westautobahn wurden im August 2018 unter dem ehemaligen Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) eingeführt. Das positive Gutachten der Asfinag veranlasste kürzlich die FPÖ Steiermark und die FPÖ Kärnten, eine Ausdehnung der Teststrecken in ihren Bundesländern zu fordern. (APA, 6.8.2019)