In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Autoverkehr hierzulande verdoppelt, seit 50 Jahren sogar verfünffacht.

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Hierzulande geht die Geschichte des grauenvollen Unfalls, bei dem zwei kleine Schwestern in einem Fahrradanhänger gestorben sind, in den meisten Fällen so: Verantwortlich ist die Mutter, weil der Radanhänger womöglich mangelhaft beleuchtet war und die Kinder keinen Helm trugen. Und was hat ein Fahrrad mit einem solchen filigranen Teil hintendran überhaupt auf einer Landstraße verloren? Gleich mehrere Medien stellen gar die Frage, wie gefährlich Radanhänger sind, wie heikel E-Bikes und Fahrräder an sich. Aus Radanhängern wird da eine "tödliche Gefahr". Die Gefahr gehe vom Anhänger aus und nicht etwa vom Auto.

Primat des Autos

Dieses Framing erzählt eine Menge darüber, wie hierzulande immer noch über Straßenverkehr gedacht wird: Der Primat des Autos ist so felsenfest in den Köpfen verankert, dass Verkehrsplanung im Wesentlichen um den Pkw herum passiert. Die daraus resultierende Präsenz des Autos auf den Straßen wird als naturgegeben gesehen – und nicht als politisch gewollt und baulich ermöglicht. In Österreich gehört dem Auto die Straße. Wer darin sitzt, wähnt sich im Recht. Allen Unfalltoten und der Klimakatastrophe zum Trotz.

Natürlich könnte man etwa entlang Bundesstraßen baulich abgegrenzte Radwege realisieren – Bayern macht das seit Jahren im großen Stil. Von niederländischen Verhältnissen für Radfahrer ganz zu schweigen. Die Niederländer kommen auch nicht als natürliche Radfreunde auf die Welt, aber sie finden Bedingungen vor, die sie zu solchen machen. In Österreich dagegen sieht man das Fahrrad immer noch als nettes Freizeitgerät mit ein bisschen Sportpotenzial – und nicht als massentaugliches Fortbewegungsmittel für den Alltag. Das liegt vor allem an den Rahmenbedingungen.

Handeln muss die Politik

Der Primat des Autos ist keineswegs naturgegeben – sondern Ergebnis politischer Planung. Man könnte auch einfach anders planen, den öffentlichen Verkehr massiv ausbauen und sicheres Radfahren für alle ermöglichen. Wollen müsste man halt.

Derweil muss man Eltern selbstverständlich raten, auf die bestehenden Verhältnisse zu reagieren und ihre Kinder auf der Straße keinen Gefahren auszusetzen. Handeln muss aber die Politik. Sie hat die Verantwortung fürs große Ganze des Verkehrs – und damit auch für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. (Lisa Mayr, 6.8.2019)