Egal ob im Anhänger, im Kindersitz, im Lastenrad oder auf dem Trailerbike: Ein Helm ist Pflicht, wenn ein Kind unter zwölf Jahren mitfährt.

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Nach dem Tod zweier Kleinkinder bei einem Verkehrsunfall in Niederösterreich entbrannte eine Sicherheitsdebatte über Fahrradanhänger und E-Bikes oder E-Roller. Nachdem ein Auto auf einen Anhänger aufgefahren war, in dem ein zwei- und ein vierjähriges Mädchen saßen, kündigte Verkehrsminister Andreas Reichhardt am Dienstag an, die Kinderbeförderung auf und mit Fahrrädern untersuchen zu lassen. Man wolle Unfallzahlen evaluieren und sich gegebenenfalls die Straßenverkehrsordnung "genau ansehen", so eine Ministeriumssprecherin zum STANDARD.

In Niederösterreich wird gegen die 39-jährige Mutter und Lenkerin des Gefährts wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und gegen den 60-jährigen Autolenker wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung ermittelt.

Der stark beschädigte Anhänger wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Korneuburg sichergestellt. Geprüft wird etwa, ob das E-Bike und der damit gezogene Anhänger ausreichend beleuchtet waren, denn die gesetzliche Fahrradverordnung schreibt vor: Anhänger müssen unter anderem mit einer vom Fahrrad unabhängigen Lichtanlage und mit Rückstrahlern vorn, hinten und an der Seite ausgestattet sein. Außerdem müssen sie eine Bremsvorrichtung und einen Gurt haben. Verpflichtend sind zudem ein eineinhalb Meter hoher Wimpel in Leuchtfarben und eine Abdeckung der Speichen, damit Kinder nicht hineingreifen können. Die richtige Kupplung muss dafür sorgen, dass der Anhänger stehen bleibt, wenn das Rad umkippt.

Helm auch im Anhänger

Und: Die Helmpflicht für Kinder unter zwölf Jahren gilt auch im Fahrradanhänger. Am Dienstag bestätigte die Polizei, dass die beiden Mädchen bei dem Unfall keinen Helm trugen. "Wir diskutieren immer wieder mit Eltern, die nicht einsehen, dass das Kind einen Helm aufsetzen muss, weil sie glauben, da unten kann nichts passieren", sagt Peter Spitzer vom Verein Große schützen Kleine.

Die Beförderung von Kindern auf oder mit Fahrrädern solle untersucht werden, kündigt Verkehrsminister Andreas Reichhardt als Folge eines Horrorunfalls an. Ein Wiener rammte am Wochenende mit seinem Pkw einen Fahrradanhänger und tötete dabei zwei Kleinkinder.
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Das Komitee für Unfallverhütung im Kindesalter kooperiert mit dem Klinikum Graz und führt eine Kinderunfalldatenbank. "Bisher kam es zu keinen dramatischen Vorfällen mit Anhängern", sagt Spitzer: "Es kommt eher vor, dass Kinder beim Klettern aus dem Anhänger stürzen." Auch wenn das Kind auf einem Sitz direkt auf dem Rad transportiert wird, gab es kaum schwere Fälle, so Spitzer. Als Elternteil hat man die Wahl zwischen einem Kindersitz, einem Anhänger, einem Lastenrad (siehe unten) und Trailerbikes – die Kosten dafür liegen zwischen 80 Euro für einen Kindersitz und mehreren tausend Euro für ein Lastenrad. Für jede der Varianten besteht Helm- und Gurtenpflicht.

Elektroräder boomen

E-Bikes, egal ob mit oder ohne Anhänger, boomen: Vor zehn Jahren wurden jährlich nur 10.000 Stück verkauft, vergangenes Jahr waren es 150.000 Stück. Etwa 600.000 E-Bikes sind auf Österreichs Straßen unterwegs.

Seit 2018 erhebt das Innenministerium Zahlen der Unfälle mit E-Bikes. Letztes Jahr gab es gut 1.000 verletzte E-Bike-Lenker, 17 Personen kamen auf dem E-Bike ums Leben, wie die Daten zeigen. Die meisten Unfälle passieren jedoch aufgrund eigenen Fehlverhaltens, nur vier wegen des Verschuldens anderer Verkehrsteilnehmer. Dieses Jahr starben insgesamt sechs E-Bike-Fahrer oder deren Mitfahrer.

Dass es gefährlich sein soll, mit einem E-Bike einen Anhänger samt Kindern zu ziehen, will die Radlobby aber nicht gelten lassen: "Wenn ein Autofahrer unvorsichtig ist und auf einen Anhänger auffährt, ist es egal, ob ich ihn mit dem E-Bike oder mit einem rein durch Muskelkraft betriebenen Rad ziehe", sagt Ines Ingerle, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei der Radlobby. Wichtig sei daher eine Infrastruktur, auf der man sich sicher mit dem Rad bewegen könne, und die damit verbundenen Budgetmittel. Ingerle kritisiert, dass die B 19, auf der der Unfall sich ereignete, erst letztes Jahr saniert wurde und dennoch kein Radweg entstand.

Gerhard Fichtinger vom Amt der niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Allgemeiner Straßendienst, sagt dazu, die Sanierung sei dringend notwendig gewesen, dabei werde aber nicht automatisch ein Radweg angelegt. "Wird seitens der Region ein Radweg gewünscht, kann der niederösterreichische Straßendienst mit den eigentlich dafür zuständigen Gemeinden die Möglichkeiten der Anlegung eines Radweges prüfen", so Fichtinger. (Gabriele Scherndl, 6.8.2019)