Highlight der Schau der Galerie Thaddaeus Ropac: Roy Lichtensteins von Tizian inspiriertes Gemälde "Artemis and Acteon".

Galerie Ropac

Im Mirabellgarten herrscht Hochbetrieb. Reisegruppen schieben sich Selfies schießend durch die Grünanlage. Trotz dieses Trubels stehen die Tore der Villa Kast von Galerist Thaddaeus Ropac weit offen. Mit Roy Lichtenstein wird dort einer präsentiert, den wirklich jeder kennt. Die Schau "The Loaded Brush" kam durch Kooperation mit der Witwe des Pop-Art-Künstlers zustande.

Mitte der 1960er griff Lichtenstein den Pinselstrich als isoliertes Bildmotiv auf; die Idee stammte aus einem Comicheft. Monumental nahmen Lichtensteins "Brushstrokes" die selbstherrlichen Pinselhiebe des abstrakten Expressionisten aufs Korn.

Viel weniger bekannt sind jene Farbstriche, die den späten Lichtenstein umtrieben. Ab 1980 entstanden Zeichnungen, Collagen, Gemälde und Skulpturen, in denen er sein Sujet mit Anleihen bei der Kunsthistorie variierte. So auch im Highlight der Schau, dem von Tizian inspirierten Gemälde "Artemis and Acteon", in dem Lichtenstein Badende am Fluss aus unterschiedlichen Strichformen zusammensetzte.

Die Schau zeigt aber auch viele Studien, die den klassischen Genres Landschaft, Stillleben und Porträt folgen. Die akkuraten Zeichnungen und die mit bemalten Papierstreifen geklebten Bilder vermitteln einen lebendigen Arbeitsprozess.

Wer nach so viel Kniefall vor dem Meister Lust auf junge Kunst hat, muss ins Herz der Stadt. Einen Katzensprung vom Domplatz entfernt hat die Neogaleristin Sophia Vonier einen Raum bezogen, in dem Malerei "Sinnesrausch" bieten soll.

"Der Oylem iz a goylem"

Den Betrachter springen gleich die knallbunten Formen des Bildes "Ice Ice Baby" von Denise Rudolf Frank an, die Vögel über Farbknödeln kreisen lässt. Die Niederösterreicherin drückt ohne Scheu fest auf die Ölfarbentube. Es ist eine Freude, mit wie viel Verve sie Muster und Figuren verkuppelt. Etliche der Bilder überzeugen für sich, aber leider ist Voniers gewölbter Galerieraum zu vollgehängt. Diesen Sommer zeigt die Galerie gleich zwei Gruppenausstellungen. Erfreulicherweise dominieren dabei Frauen, teils bekannte Namen wie Maja Vukoje oder Marianne Vlaschits.

Genug Ölfarbe und Touristentrubel. Entlang der Salzach geht es zur Ausstellung des Videokünstlers Omer Fast im Kunstverein. Der Israeli, der in Berlin lebt, wurde mit Filmarbeiten bekannt und enttäuscht auch bei seiner jetzigen Schau nicht. Der Ausstellungstitel "Der Oylem iz a goylem" ("Die Welt ist ein Golem") entstammt einer Videoarbeit, die in den Salzburger Bergen entstand.

Mit VR-Brille in der Fake-Klinik

Der Golem stellt eine jüdische Sagengestalt dar, einen Mann aus Lehm, der durch kabbalistischen Zauber zum Leben erweckt wird. Der "jüdische Frankenstein" ist weder gut noch böse, aber stets unheimlich. Nicht ganz koscher wirkt auch der Beginn der Schau: Dort führt eine Krankenschwester in ein Wartezimmer mit Korridor, alles sieht wie in einem Spital aus. Auf welche Weise die drei Videos der Schau mit diesem Ambiente zusammenhängen, bleibt schleierhaft. Das Setting bildet aber einen Kontrast zu den Themen der drei gezeigten Videos.

In "Der Oylem iz a goylem" sitzt eine Winterurlauberin am Sessellift, als ein orthodoxer Jude auftaucht. Er erzählt ihr ein Märchen von einem Goldschmied und einer Dämonin. Um den unerwünschten Mitfahrer zum Schweigen zu bringen, entreißt die Blondine ihm seinen Hut. Der Film ist so faszinierend wie rätselhaft. Was verbindet die Urlauberin mit der Dämonin? Und warum liegen im Keller der Bergbahn lauter schwarze Hüte? Eine klarere Moral vermittelt das Video "The Invisible Man". Dafür müssen die Besucher im Behandlungszimmer der Fake-Klinik eine VR-Brille aufsetzen. Die illusionistische Reise führt nach China, wieder geht es um Verführung und Gier.

Zu einem Muss wird die Schau durch den 3-D-Film August. Er handelt vom Fotografen August Sander, dem Schöpfer der Porträtserie "Menschen des 20. Jahrhunderts". Als alter blinder Mann wird er von Erinnerungen und Geistern heimgesucht. Dabei spielen Schnüre durch den Raum eine besondere Rolle: Nicht verpassen! (Nicole Scheyerer, 6.8.2019)