Unter diesen alten Linden lässt sich so eine Haxlsulz (s.u.) ganz vorzüglich genießen.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

Jenseits der dichten Hecke braust der Verkehr durch die Hadikgasse, an den sechs Tischen im Kiesgarten unter zwei alten Linden aber geht es dezidiert lauschig zu. Die Gäste sind fast ausschließlich aus dem Grätzel, der Service ist flink, die Atmosphäre amikal. Wer hier zufällig einkehrt, würde nie erraten, dass Georg Holzmann das Beisl erst vor ein paar Wochen zu neuem Leben erweckt hat, nachdem es schon zweieinhalb Jahre leer gestanden ist. Ihm ist zu verdanken, dass aus dem altertümlichen Vorstadttschocherl mit Lamperie und Bretschneider-Schank eben kein Wettcafé oder Pizzakebabschnitzel mit verfliester Fassade geworden ist.

Keine Pommes

Georg Holzmann hat schon auf Kreuzfahrtschiffen gekocht und amerikanischen Burgerketten die Rezepturen auf Österreichisch umgeschrieben. Jetzt ist er über 50 und will endlich wieder richtig kochen. Das lässt sich daran erkennen, dass er aus Prinzip keine Pommes frites auf der Karte hat ("Bei Kindern mach' ich eventuell eine Ausnahme"), dass, wenn er als Mittagsteller einmal Fish & Chips im Angebot sind, die Erdäpfel handgeschnitten, der Dorsch selbstpaniert und die Remouladensauce natürlich hausgemacht sind. Oder dass er einmal die Woche eine Terrine voll Haxlsulz macht, ganz wunderbar saftig, mit sorgsam geschichtetem Wurzelgemüse, mit mildem Gemüsezwiebel statt der laut aggressiven (und für den Rohgenuss ungeeigneten) Gelbzwiebel, vor allem aber mit einer herrlichen, mit Senf aufgeschlagenen Kernölemulsion (siehe Bild) statt der sonst gern darüber gekippten Wasser-Zucker-Lösung.

Die Küche schupft Holzmann mithilfe seiner 73-jährigen Mutter Christine, die macht auch die köstlichen Apfel- und Topfenstrudel – diese werden übrigens, wie es sich gehört, warm serviert. Beim Service ist mit Tochter Rebecca und Neffe Lucas Stritzl ebenfalls alles fest in familiärer Hand. Dementsprechend engagiert sind alle bei der Sache. Klingt wie ein Idyll aus vergangener Zeit? Ist es auch – und wahrscheinlich die einzige Art, wie sich so ein Beisl noch mit Herz und Qualität führen lässt.

Glücklich machen

Die Rindsuppe samt Frittaten oder Leberknödeln (sehr gut!) ist ganz eindeutig selbstgemacht. Das Fisolengulasch (Tagesteller) glänzt um 7,50 Euro mit einem gar köstlichen Serviettenknödel (das gibt es tatsächlich), kraftvoll gekümmeltem Gulaschsaft und knackigen Fisolen. Wiener vom Schwein sind zwei saftige, in Butterschmalz herausgebackene Karreescheiben, dazu gibt es Butterreis. Wer lieber Erdäpfel- oder gar Mayonnaisesalat will, wird aber aufpreisfrei ebenso glücklich gemacht. Noch besser ist wahrscheinlich der gebackene Zeller, längst eine gesuchte Rarität auf Wiener Wirtshauskarten. Im Hadikstüberl findet man ihn unter den Vorspeisen, noch zart-knackig, in extrem knuspriger (natürlich ebenfalls in Butterschmalz vollendeter) Panier. Dazu gibt es Dillsenfsauce, die ist ein bissl sehr sauer. Wer stattdessen auf Sauce Tartare besteht, wird umgehend zufriedengestellt – aber erst nachdem Holzmann sanft empört aus der Küche gestürmt ist, was man denn bitte an seiner Kombination nicht großartig fände.

Mosern

Wer sich so richtig durch die Karte isst, wird noch weitere Möglichkeiten für den einen oder anderen Hinweis finden: dass die köstlichen Rahmlinsen in der Kombination mit einer gar knackig gegarten Selchzunge einen Tick zu salzig abgeschmeckt sind oder dass die – an sich tadellosen – Kaspressknödel ohne die geile Champignonsauce (dafür vielleicht mit knackigem Salat?) besser zur Geltung kämen. Aber das sind Details, die spätestens beim Kaiserschmarrn, einem luftig, knusprig karamellisierten Monument seiner Art, vergessen sind. (Severin Corti, 9.8.2019)

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